Der Kreuzfahrer an sich ist ja bekanntermaßen ein verrücktes, wenn auch liebenswertes Wesen.
Und weil wir nach zwei Kreuzfahrten (die eine davon der absolute Oberhammer und die andere mehr so „nö, nicht noch mal“) nur eine weitere in der Pipeline hatten, beschlossen wir, das könnte man doch ändern. Es war einer dieser wunderschönen Tage im heißen Frühling 2018. Steffi, meine weltbeste Ehefrau und ich saßen am See, ließen die Füße im Wasser baumeln und überlegten, was wir eigentlich im Frühling 2019 für eine Reise antreten wollten. Im November 2018 war eine Transreise geplant und wir hatten das so im Gefühl, dass uns das ziemlich gut gefiel. Also war klar: Barbados bis Mallorca, das sollte sie sein!
Weil es heiß war und die Gedanken wirr, fragte ich Steffi, ob wir wohl unsere Eltern mitnehmen wollten. Klar, warum nicht?
Ich schickte am Abend also per Kurznachricht einen Screenshot von der Reise an Steffis Eltern, meine Mutter nebst Partner sowie an meinen Vater mit Ehefrau. Steffis Eltern hatten kein Interesse, meine Mutter ebenfalls nicht, aber Papas Frau, alias „Bonusmama“ zeigte sich durchaus begeistert.
Folgende Diskussion entstand:
Vanessa: Kommt ihr mit? (Screenshot Barbados bis Mallorca)
Bonusmama: Der Flug ist mir zu lang.
Vanessa: (Screenshot „Dubai mit Oman“) Und das?
Bonusmama: Der Flug ist ja auch so lang.
Vanessa: (denkt sich, 6 Stunden sind ja echt kurz, aber gut, Hauptsache warm… Screenshot „Mallorca bis Bremerhaven“)
Bonusmama: Weißt du, eigentlich darf ich momentan gar nicht fliegen.
Vanessa: Oh.
Es dauerte zwei Tage, in denen ich echt enttäuscht war, bis eine neue Diskussion entstand.
Bonusmama: Wie wäre es mit einer Tour zum Nordkap?
Vanessa: Das kollidiert mit deiner Urlaubssperre.
Bonusmama: Ich rufe heute Abend mal an.
Meine Bonusmama arbeitet im touristischen Fährbetrieb, das heißt, sie hat von Mitte Mai bis Mitte Oktober ein absolutes Urlaubsverbot. Steffi und ich stellten uns schon mal darauf ein, dass wir einfach nur den nächsten Familenbesuch besprachen und planten vorsichtshalber schon mal unsere Transatlantikkreuzfahrt.
Schlussendlich teilte Bonusmama, liebevoll „Bonny“ genannt, mir mit, dass sie wohl eine Woche in die Urlaubssperre hineinplanen könnte, wenn sie es früh genug, also jetzt (Mai 2018) einreichte. Wir könnten also mit ihnen beiden rechnen. Ich tickerte nebenbei auf meinem Smartphone, fand „Ostsee mit St. Petersburg“ ab Kiel und eine halbe Stunde später klärten wir unsere jeweils besseren Hälften darüber auf, dass wir zusammen in den Urlaub fahren. Wow. Seit 17 Jahren habe ich keinen Urlaub mehr mit meinem Vater verbracht. Und das auch noch in eine Gegend, die nicht warm war, und dabei liebte ich es doch sonnig!
Steffi fand die Idee überraschend gut und am nächsten Tag buchte ich meinen Eltern eine (hoffentlich) ruhige Außenkabine und uns eine von 8 Innenkabinen mit Couch.
Oh ha, wir waren gespannt. Zu dem Zeitpunkt hätten wir dann drei Kreuzfahrten in einer Balkonkabine hinter uns und jetzt verfrachteten wir uns freiwillig ins Innere des Schiffes. Und das uns Frischluftfanatikern und Kindern aus Freilandhaltung! Das wirklich spannende für mich war an der Stelle übrigens: Jede Kategorie war noch frei und für uns auch bezahlbar, wir hätten echt mal eine Chance auf eine Juniorsuite gehabt und entschieden uns schließlich doch für Innen. Warum? Ganz einfach: Der Preisunterschied zur Balkonkabine war ziemlich hoch, wir vermuteten, dass wir wahrscheinlich sehr wenig auf der Kabine wären und mit dem Wetter konnte man auf der Ostsee nun wirklich nicht rechnen. Und ja, wir waren durchaus sehr neugierig! Man kann ja schließlich nicht schlecht über etwas reden, das man nicht selbst erlebt hat. Horizonterweiterung der anderen Art. Und wer wusste das schon: Vielleicht konnten wir bei den nächsten Touren ja einiges sparen. Mein Fazit dazu gibt es übrigens am Ende des Berichts.
Nun begann fast ein Jahr lang Vorfreude, verrückte Chats zwischen Bonny und mir „noch 120 Tage und der Rest von heute“ und die Frage: Ob das wohl was wird? Ostsee statt Karibik? Eine Kreuzfahrt nach dem Ausschlussprinzip sozusagen.
Begleitet uns, die vier Verrückten auf dem Weg von Kiel nach Stockholm, weiter nach Tallin, zwei Tage in St. Petersburg und mit einem Schlenker über Helsinki zurück nach Kiel.
Viele Grüße, eure Nelly, die sich freut, dass sie von dieser Reise berichten kann.