MS Quest im Wattenmeer - Wo krieg ich trockne Hosen her?
oder: Wenn Wege erst beim beim Gehen entstehen
Man kann es drehen und wenden wie man will: ob gewollt oder ungewollt verhilft mir die Corona-Situation zu einigen Erkenntnissen über mich selbst, denen ich einfach mal ins Auge zu sehen habe.
Im März musste ja unsere Azoren-Reise mit der MS Herz 6 Tage vor Abflug abgesagt werden. Das war angesichts der Situation verständlich – klar, aber am meisten wurmte mich damals die Tatsache, dass mein durchaus genialer Opener für den anschließend zu schreibenden Reisebericht nun als Klumpen magnetisierter Eisenpartikelchen auf der Festplatte meines Computers für immer verkümmern würde. Niemals würde er den Weg hinaus in die Welt finden.
Nun könnte ja wer kommen und sagen: “Hab dich nicht so mädchenhaft. Dann nimmste das Vorwort eben einfach für‘n anderen Reisebericht!“
Nee, sooo einfach isses eben nich!
Hatte ich mir doch damals ganz spezielle Gedanken um die Entstehungsgeschichte der neun Azoren-Inselchen gemacht. Die rein naturwissenschaftliche Variante einfach nur zu lesen, wurde mir schnell langweilig. Das musste doch auch anders gehen!
Und so hatte ich in einigen schlaflosen grauen Morgenstunden die Schöpfungsgeschichte der Erde… - zu sagen ich hätte sie neu erfunden, wäre wirklich übertrieben. Aber drücken wir’s mal so aus: ich hatte sie in Teilen etwas konkretisiert.
In kurzen Worten (ich weiß… kurz ist bei mir relativ) skizziert, sah das Ganze dann so aus:
Eigentlich hätte der Schöpfer allen Grund gehabt, stolz auf sich zu sein.
Gerade war er mit Amerika fertig geworden und er hatte sich echt Mühe dabei gegeben. Man macht sich ja keine Vorstellung davon, wie mühsam es ist, diese ganzen kleinen Karibikinselchen ausm Meer zu ziehen. So eine Fitzelarbeit ist selbst für schöpfende Männerhände eine ziemliche Zumutung!
Aber gut - er hatte die Sache angefangen und letzten Endes war ja etwas ganz Ordentliches dabei herausgekommen. Hier ein wenig gedrückt und da mal ein bisschen Land rausgeschoben - okay: ab und zu war er auch mal mit‘m Finger ausgerutscht - wie sonst ließen sich die Anden erklären oder die Alaska-Halbinsel.
Panama war tricky - mit Panama hatte er sich ziemlich lange aufgehalten. Und das alles nur, damit die Menschen später mal diesen Kanal würden graben können.
Und nun - so fand er - hätte er sich ein Lob verdient. Nur - wer sollte ihn denn loben? War ja keiner da außer ihm! Schöpfen macht einsam - das wurde ihm nun langsam klar. Diese Erkenntnis piekste ihn ziemlich an und weil er sowieso gerade etwas fies drauf war, schöpfte er gleich noch die Mücke. Damit war schon mal klar, dass die Sache mit dem späteren "Kanalgraben" auch nicht zu einfach für die Menschen werden würde.
Schöpfen ging damals aber auch relativ fix und ehe er sich's versah, schwirrten Millionen von Stechmücken um seinen Kopf. Während er noch wild mit seinen Händen wedelte um diese lästigen Viecher wieder zu vertreiben, kroch es langsam - wie eine gewaltige Welle - in ihm hoch. Ein Niesreiz von geradezu biblischem Ausmaß!
Schwer legte sich seine Stirn in drei gewaltige Falten (womit wir gleich auch noch die Dreifaltigkeit auf eine völlig neue Erklärungsstufe gehoben hätten) und dann brach es förmlich aus ihm heraus. Dieser Nieser war so gewaltig, dass die ganze schöne Erde erzitterte und sich die Erdachse prompt um 23° Grad neigte.
Völlig unbeabsichtigt entstanden so die Jahreszeiten. Aber: Nicht nur die! Als Schöpfers Augen wieder klar wurden, blickte er erstaunt so schräg nach unten. Was war das denn? Neun Inselchen lagen plötzlich mitten in dem, was einmal der Atlantik werden sollte.
'Ach gucke', dachte er bei sich.
'Inseln machen ist ja doch gar nicht so schwer. Das hätt ich mal schon bei der Karibik wissen sollen!'
Zufrieden betrachtet er also sein Werk um sich dann ausgiebig Afrika zuzuwenden...
An dieser Stelle der Geschichte ließ ich dann den alten Mann mal alleine und überlegte mir, was uns das denn alles sagen solle.
Bezogen auf die Azoren ergaben sich nun zwei Möglichkeiten:
1. die Azoren sind der feuchte Auswurf Gottes - eine Vorstellung, die ich ziemlich widerlich fand
oder aber:
2. die Azoren sind geschaffen aus dem Besten, was er zu geben imstande war - sozusagen aus seinem Innersten heraus. Eine wesentlich tröstlichere Vorstellung…
Also mal ganz ehrlich: Im März – zu einer Zeit als jeder nur noch zusah, dass er sich durch möglichst großen Rückzug vor „dat Virus“ schützt - sich über Qualität und Eigenschaften von Gottes Sputum Gedanken zu machen, wäre sicher einigen als ziemlich respektlos aufgestoßen. Kein guter Zeitpunkt, um so etwas ins Forum zu stellen!
(äh… „aufgestoßen?“ ….Ups… da hab ich wohl schon wieder danebengegriffen.)
Der März aber ging vorbei, der April ging irgendwie im VPN-Tunnel zwischen Home und Office verloren und im Mai hatte ich die Schnauze voll. Sämtliche Urlaubspläne waren inzwischen diesem kleinen fiesen Virus mit diesen seltsamen Möpseln rundrum zum Opfer gefallen.
Zu diesem Zeitpunkt musste ich mir eingestehen, dass ein Leben ohne zumindest die Vorfreude auf eine Kreuzfahrt doch an Qualität einbüßt. Ganz offensichtlich bin ich also doch kreuzfahrtsüchtiger als ich mir das hätte vorstellen können.
Gut – an diesem Zustand ließ sich erst mal nichts ändern, aber dann gab es Anfang Juli doch die ersten bläulichen „Nur-gucken-nicht-anfassen-Hoffnungsschimmerfahrten“ am entfernten Horizont.
Boah, ist ja nett – aber: will ich das?
Kann ich das überhaupt: Nur gucken, nich anfassen (dürfen)! Iss ja wie bei den Kronjuwelen von good-old-Lizzy!
Und dann lese ich doch in der Mittagspause diese Nachricht: „Expeditionsreisen ins Wattenmeer“. Wie g*il ist das denn! Mit max. 48 Passagieren fährt dieses Schiff rund um die Nordseeinseln und landet mit seinen Zodiacs an.
„Anlanden = anfassen!“ So viel ist mir an der Stelle schon mal klar.
Und das alles auf einem „richtigen“! Expeditionsschiff – einem das diese Bezeichnung auch verdient! (Nach der World Explorer-Erfahrung im letzten Jahr bin ich ja da vorsichtig geworden!)
Völlig euphorisch unterbreite ich Göga abends meinen Vorschlag. Beim Wort „Expeditionsschiff“ rümpft er leicht die Nase, aber ich bin vorbereitet und zeige ihm im Internet die Seiten des Anbieters, der normalerweise MS Quest vermarktet und die Routen, die das Schiff normalerweise fährt und - die Preise die normalerweise dafür aufgerufen werden.
Fest steht: so preiswert werden wir nie wieder auf so ein Schiff kommen. Noch am gleichen Abend geht die Buchungsanfrage raus...