Reisebericht AIDAaura 2019 "Winter im hohen Norden" - 14 Tage, 7 Nächte, viele Wunder und noch mehr...
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05.03.19 (Dienstag) Seetag auf dem Weg nach Bodø 616 sm
Nachts frischt der Wind nochmal ordentlich auf. Morgens hat die Luft 2 Grad, das Wasser 8 Grad, der Wind kommt aus Nordost mit normal 8 und in Spitzen bis 10 Windstärken. Die Wellenhöhen werden den Tag über bei ca. 8 Metern liegen. Diese Informationen entnehme der Kapitänsdurchsage am Vormittag. Ich versuche, mit dem Handy ein kurzes Video für unseren Whatsapp-Status zu drehen und habe alle Mühe, es festzuhalten, sonst würde es von Rasmus zu Neptun befördert.
Gegen 14:00 Uhr (ca. auf der Höhe von Trondheim) erfolgt eine Durchsage des EM (Entertainment-Manager):
Da der Kapitän, bedingt durch den Sturm, die Geschwindigkeit verringert hat, wird der Polarkreis erst mitten in der Nacht überquert werden. Die für abends (21:30 Uhr) angesetzte Polarkreistaufe-/party wird abgesagt, man könnte auch formulieren: vom Sturm abgeblasen.
Das finde ich gut, denn vor zwei Jahren hatten wir ja genau das Gegenteil. Damals waren wir (auch wegen eines Sturmtiefs) mit wesentlich erhöhter Geschwindigkeit Richtung Bodø unterwegs und überquerten den Polarkreis schon irgendwann zur Abendbrotessenzeit, was natürlich auch nicht partykompatibel ist. Nur mit dem Unterschied, dass damals überhaupt nichts kommuniziert wurde und am späteren Abend die Überquerung trotzdem mit großem Brimborium und spannungsvortäuschendem Runterzählen zelebriert wurde.
Da finde ich die heutige Variante doch irgendwie wesentlich erwachsener. Der Touri von heute ist ja schließlich nicht doof und will auch nicht dafür verkauft werden.
Gegen 17:45 Uhr kommt dann allerdings eine wirklich bittere Pille. Außerplanmäßig meldet sich der Kapitän von der Brücke und teilt uns mit, dass aufgrund des Sturms eine sichere Einfahrt in den Hafen von Bodø sowie ein sicheres Festmachen des Schiffes nicht gegeben ist und wir daher Bodø überhaupt nicht anlaufen werden.
Stattdessen wird die Geschwindigkeit weiter verringert und wir werden direkt bis Alta durchfahren. Die genaue Ankunftszeit in Alta werde uns morgen mitgeteilt. Für Bodø über AIDA geplante Ausflüge würden natürlich erstattet. Soweit ich das mitbekomme, nehmen die Passagiere diese Änderung des Fahrplanes gelassen. Da steht uns also morgen ein weiterer Seetag bevor.
Abends gehen wir ins Theater. Der Gastkünstler dieser Reise ist Piero Masztalerz mit seiner Live Cartoon-Show.
Seinen doch sehr schwierigen Namen erklärt er damit, dass sein Vater Italiener und seine Mutter Polin sind. „Und jetzt wissen Sie auch, warum ich hier auf der Bühne stehen muss, ich bin zu faul zum Klauen.“
Zu Beginn seiner Karriere hat er erst Comics gezeichnet „Comic ist viele Bilder und wenig Text“, das war ihm dann zu aufwendig „Zuviel Zeichnerei und reich wird man davon auch nicht.“ Dann begann er, Cartoons zu zeichnen „Das war schon besser: Weniger Zeichnerei, jede Geschichte nur ein Bild und wenig Text. Wird man aber auch nicht reich von.“
Dann entstand die Comedy-Szene und er nutzte seine Chance. „Jetzt stehe ich auf der Bühne und lese meine Cartoons vor. Man wird immer noch nicht reich, aber man kommt unter Leute – und wenn ich Glück habe eben auch mal auf’s Kreuzfahrtschiff.“
Außerdem ist es zu Beginn einer Show für einen Künstler nie verkehrt, so etwas wie eine emotionale Bindung mit dem Publikum aufzubauen. Fragen nach dem persönlichen Befinden kommen immer dabei immer gut.
Masztalerz: „Und hatten Sie denn heute Probleme mit dem Seegang?“
Antwort aus dem Publikum: „Nein, mit dem Stuhlgang.“
Yep! Ich liebe es! Genau für diese Momente schreibe ich Reiseberichte!
Viel später am Abend verbringen wir unsere Zeit da, wo sich zuverlässig immer jemand zum Erzählen finden oder treffen lässt - an der Poolbar auf Deck 10.
Ich komme an diesem Abend dort irgendwann mit dem EM ins Gespräch und wir unterhalten uns über Alta und den dort am Freitagabend startenden Finnmarkslopet, das längste und härteste Hundeschlittenrennen Europas. Einige interessante Fakten dazu findet ihr in meinem Reisebericht der AIDAcara.
Und irgendwann im Laufe unseres Gespräches fällt dann fast beiläufig die Frage, ob ich denn bereit wäre, zu diesem Thema zusammen mit dem Lektor für ein kurzes Interview während der nachzuholenden Polartaufe zur Verfügung zu stehen. Ich solle mir das mal überlegen.
Als wir dann so kurz vor 23:00 Uhr schon fast die Segel Richtung Koje streichen wollen, kommt wieder eine Durchsage der Brücke: Polarlicht sei gesehen worden! Was schon wieder? Das hätten wir doch beim netten Stelldichein an der Poolbar fast verpasst! Da wir schon mal oben sind, halten wir mal neugierig das Näschen Richtung Bug. Oha! Heute lohnt es sich dann doch schon mal, nach Kamera und Stativ zu schauen.
zweite Polarlichtnacht: checked!
06.03.2019 (Mittwoch) Seetag statt Bodø auf dem Weg nach Alta (noch ca. 320sm)
Im Laufe des Vormittags erhalten wir vom Kapitän die Info, dass die Ankunft in Alta am 07.03.19 gegen 15:00 Uhr sein wird. Die Aufnahme des Lotsen für den Altafjord ist für 09:00 Uhr am Folgetag vorgesehen. Somit werden wir einige Stunden früher in Alta sein als ursprünglich geplant.
Apropos geplant:
Wie hätten denn unsere Pläne ausgesehen, wenn wir Bodø hätten anlaufen können?
Saltstraumen? Och nö - nich schon wieder!
Schneeschuhwanderung mit einem privaten Anbieter?
"Das glaubst Du doch selbst nicht! Nach spätestens zehn Minuten brichst Du mir dabei doch vor Erschöpfung zusammen!"
Na gut, ich geb's ja zu. Schneeschuhwanderung war wirklich eine etwas überambitionierte Idee von mir.
Aber dann fällt mir ein, dass ich im Reisebericht von Seefahrer6168 von ihrem Ausflug "Mit Zug und Bus die Kommune Saltdal entdecken" gelesen habe.
Das gibt mir einen ersten Hinweis. Stolze 149,99 € soll dieser 6-stündige Ausflug aktuell bei AIDA kosten. Hm. Und zumindest die eine oder andere Station dieses Ausflugs ist nicht nach meinem Geschmack.
Will ich mir das trotzdem antun? Nein, will ich nicht. Aber Seefahrer6168 schwärmte damals von der Zugfahrt zurück von Rognan entlang des sehr malerischen Skjerstadfjords. Gegen eine malerische Zugfahrt ist ja nichts einzuwenden und kommt mir konditionsmäßig sehr entgegen. Meine nächste Überlegung geht dann dahin, dass AIDA ja wohl nicht extra einen ganzen Zug exklusiv chartern wird.
Kurze Zeit später steht mein Plan: In Bodø vom Schiff runter, nach links gewandt und nach knapp 400 Metern erreicht man den Bahnhof. Mit einem ganz normalen Zug der NSB (Norwegische Staatsbahn) wollten wir dann bis nach Fauske fahren (bis nach Rognan war mir aufgrund der Liegezeit zu heikel), dort dann einen guten norwegischen Kaffee trinken und im Idealfall dazu eine noch bessere norwegische Waffel essen und dann mit einem der nächsten Züge wieder zurück nach Bodø. Wahlweise kann man für die gleiche Strecke auch den Bus nehmen. Hilfreich bei der Planung ist dabei auf jeden Fall die Seite 177nordland-no. oder nsb-no.
Wenn dann nach unserer Rückkehr noch Zeit ist, wollte ich gern noch einen Blick in das Studio EBN in der Storgata werfen. Dort werden nämlich Handtaschen und Accessoires aus Lachsleder angeboten.
Das alles muss ich nun auf ein nächstes Mal verschieben oder ich kann mir in den Reiseberichten anderer Fori's mal irgendwann durchlesen, wie's denn gewesen wäre.
Im Übrigen bessert sich das Wetter im Laufe des Tages zusehends. Das Sturmtief scheinen wir nun hinter uns zu haben. Die letzten dunklen Wolken machen so langsam einem blauen Himmel Platz und lassen viele Blicke auf die beeindruckenden Felsen der norwegischen Küste zu.
Vormittags besuche ich den Vortrag des Lektors Björn Lars Oberndorf und am frühen Nachmittag finde ich einen Brief an unserer Kabinentür:
... wie gestern angedeutet, planen wir einen Info-Talk zu den Huskey-Rennen mit unseren Lektoren. Wenn Sie als Gäste-Expertin für diesen Talk zur Verfügung stehen würden wollen, würde ich mich sehr freuen.
Melden Sie sich ggf. gerne über die Rezeption bei mir.
Herzliche Grüße
Stefan Zinkgraf
Entertainment Manager
Au Backe, der macht tatsächlich Ernst! In was hab ich mich mit meiner großen Klappe da bloß wieder reingeritten?
Ich ringe schwer mit mir.
Will ich das? Nun ja, ich hätte das ja auch gestern Abend schon kategorisch ablehnen können. Hab ich aber nicht. Also...
Hätte ich denn überhaupt was zu erzählen? Ach doch, so vier bis vierzehn Sätze würden mir da schon mal aus dem Stegreif zu einfallen. Also...
Hochdeutsch! Mädel, du musst da hochdeutsch reden. Definitiv das Größte meiner Probleme!
Ich wandere also zur Rezeption und die Sache nimmt ihren Lauf. Am nächsten Vormittag soll auf dem Weg durch den Altafjord die ausgefallene Polartaufe symbolisch nachgeholt werden und wir verabreden uns für 10:30 Uhr in der AIDABar.
Für heute Abend allerdings plant AIDA dort das obligatorische Alpenglühn. Die Natur plant auch: Polarlicht.
Ist es eine Frage, wofür wir uns entscheiden?
dritte Polarlichtnacht: checked!
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oh, gerade eben entdeckt. Ich bin auch dabei. Super Reisebericht !!!
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Spätestens jetzt ist er wieder da! Der Wunsch, diese Reise und natürlich auch diese Bilder selbst in natura zu erleben.
LG Susanne
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Na, dann woll'n wir doch mal schauen, ob es auch noch eine vierte Polarlichtnacht gibt...
07.03.2019 (Donnerstag) Fjordfahrt und Ankunft in Alta
Was für ein Traumwetter erwartet uns denn heute! Das kann ja nur super werden!
Die Fahrt durch den Altafjord ist ein absoluter Traum im Sonnenschein.
Um 10:30 Uhr finde ich mich dann aber pünktlich in der AIDABar ein. Tatsächlich beginnt gerade der Info-Talk mit Lektor Oberndorf und der EM bittet mich doch noch mit auf die Bühne. Während an verschiedenen Stationen Prüfungen abgelegt werden müssen, um das Zertifikat für die Polarkreisüberquerung zu bekommen, stehe ich dann tatsächlich mit dem Mikrofon in der Hand da und erzähle über unsere Erlebnisse vor ziemlich genau zwei Jahren.
Das hätte ich mir auch nie träumen lassen!
Im Nachhinein kann ich gar nicht mehr sagen, wie lange wir uns da unterhalten haben, aber am Ende des Gesprächs hat der EM noch eine Riesenüberraschung für mich parat.
Als Dankeschön für meine Mitwirkung darf ich nachher beim symbolischen Sprung über den Polarkreis dreimal das Schiffstyphon betätigen.
Wie gei... ist das denn!!!!
Damit hätte ich nun wirklich nie gerechnet.
Leider hat GöGa nur gefilmt, aber hier seht ihr alle wichtigen Personen schon mal in Action oder in Lauerstellung. Vorn der EM und der Hoteldirektor, dahinter - mit dem weißen Stirnband - lauere ich auf meinen Einsatz.
Als ich dann endlich zur Tat, äh ich meine zum Typhon schreiten kann, ist es ein großer Moment. Und wie das mit großen Momenten so ist, sind sie dann leider auch relativ schnell wieder vorbei.
Wenn's nach mir ginge, würd ich da heute noch stehen und fröhlich vor mich hin typhen? typhonen? typhonieren?
Aber auf gar keinen Fall würde ich hupen - auch wenn GöGa mich noch so lange damit neckt.
"Meine kleine Typhonöse."
WIE BITTE?
Das klingt ja wie ne ansteckende Krankheit! Wenigstens hat er "klein" gesagt. Da verzeih ich ihm mal großzügig.
Trotzdem bin ich mir sicher, dass er ziemlich stolz auf mich ist.
Egal, die Zeit vergeht und wir nähern uns nun immer weiter dem nördlichsten Punkt unserer Reise. Unser Liegeplatz wird sich direkt neben dem kleinen Flughafen befinden.
Schon gegen 14:00 Uhr machen wir fest. Eine Stunde eher als gestern vom Kapitän angekündigt. Man hat hier schnell reagiert und bereits Shuttlebusse für den Weg in die Stadt bereitgestellt. Dann mal nichts wie los. Wir haben einen Einkaufsauftrag. Unsere Mitshuttler müssen sich nach dem Aussteigen an der Touristinfo erst mal orientieren. Die Zeit können wir uns sparen. Wir stiefeln direkt los. Nordlichtkathedrale ohne Menschen ist das Ziel.
hat geklappt! Nun einmal umdrehen.
Dafür, dass heute Abend hier die Eröffnungsveranstaltung des Finnmarkslopet stattfinden soll, ist hier erstaunlich wenig los. Erst mal marschieren wir los Richtung Einkaufszentrum - Erinnerungen auffrischen.
"Guck mal, hier haben wir damals Deine Jacke gekauft." Stimmt, aber heute gibt's keine. Muss ja auch nicht. Wir wollen etwas anderes hier erstehen und hoffen, dass sich nicht nur der Jackenladen gehalten hat, sondern auch der ältere Herr, bei dem wir damals die Rentiersalami erstanden haben. Leider finden wir ihn hier nicht. Schade. Aber irgendwo werden wir schon noch so etwas bekommen.
Wenn man aus dem Einkaufszentrum wieder rauskommt, ist gleich daneben der große Parkplatz, auf dem nun so eine Art Markt aufgebaut ist. Wir bummeln drüber und werden natürlich fündig. Selbst auf einem Markt mit Buden und Klapptischen kann man hier mit Kreditkarte bezahlen. In Deutschland undenkbar.
Angeboten wird hier jede Menge Ren in allen möglichen Ver- und Bearbeitungsstufen.
Auf der anderen Seite der im Moment ziemlich tief verschneiten Fußgängerzone wird aktuell wieder der Eisskulpturengarten aufgebaut.
Die fleißigen Helfer sind teilweise noch mit schwerem Gerät dabei, ihren Figuren den letzten Schliff zu geben. Bei manchen wird schon die Elektrik verlegt, damit das abends dann auch schön stimmungsvoll aussieht.
Im Laufe der Zeit finden sich immer mehr Touris vom Schiff hier ein, so dass es den Machern dann zuviel wird. Freundlich, aber sehr bestimmt werden wir gebeten den kleinen Park zu räumen, damit hier weiter gewerkelt werden kann. Gut, dann fahren wir mal zum Schiff zurück.
Ende Teil 1
(Ich wollte diesen Tag eigentlich nicht in zwei Teile zerreißen, aber die Software sagt mir gerade, dass ich nur maximal 10.000 Zeichen zur Verfügung habe. Das ist dann wohl die moderne Form von : "Fasse Dich kurz!")
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07.03.2019 Alta Teil 2
Für heute Abend haben wir den Ausflug „Faszination Nordlicht“ gebucht. Treffpunkt ist um 19:15 Uhr direkt an den Ausflugsbussen. Dieser Treffpunkt – gleich an den Bussen – widerspricht zumindest unserer Erfahrung von vor zwei Jahren. Damals war Treffpunkt im Theater, in dem die Firma GlødExplorer sich vorstellte und noch einige Hinweise für die Fotografie von Polarlicht gab.
Danach ging‘s dann erst zu den Bussen, die uns in ein für die Polarlichtbeobachtung geeignetes Camp brachten. Dort wurden wir „ausgeladen“, die Busse fuhren zurück und holten die zweite Truppe, die eine spätere Treffpunktzeit hatte.
Einen festen Termin für die Rückfahrt gab es damals nicht. Es stand immer ein Bus da und wenn der voll war, ging’s zurück zum Schiff. Klappte prima. Auch mein Mann und ich sind damals mit zwei unterschiedlichen Bussen zurückgefahren. Er - glaub ich - so um halb zwölf und ich erst so gegen ein Uhr. Aufgrund dieser positiven Erfahrungen gehen wir diesmal von genau dem gleichen Ablauf aus.
Weit gefehlt.
Die erste große Ernüchterung kommt schon mal, als sie uns nach einer knappen halben Stunde Fahrt in der Landschaft auskippen.
Das ist kein Camp zum Polarlichtbeobachten, das ist ein geräumter Parkplatz mit Bauzäunen. Ein romantisches Sami-Zelt mit einem Holzfeuer – Fehlanzeige. Ein kleines typisch norwegisches Haus mit netter Beleuchtung – Fehlanzeige.
Nur damit wir uns richtig verstehen: ich will einfach nur einen schönen Bildvordergrund, einen typisch norwegischen Bildvordergrund, wenigstens einen Vordergrund.
Ich habe keinen Bock auf tote Bilder.
Polarlicht über unbeleuchtetem Bergrücken – bäh.
Oder noch schlimmer: einfach nur Polarlicht ohne Vorder- und Hintergrund – Doppelbäh.
Stattdessen besteht das Angebot hier aus zwei Pavillons und einem mobilen Festzelt mit großen Fenstern, in dem warme Getränke und Kuchen angeboten werden. Hinter diesem Festzelt steht dann ein ebenfalls mobiler Toilettencontainer.
Und genau hier, hinter dem Klo finde ich ein erstes ruhiges Plätzchen für mich und mein Stativ. Obwohl: über ruhig kann man sich streiten, immerhin hat auch der Container Fenster… Aber das ist ein anderes Thema.
Erst mal schauen, ob es passt, wenn’s dann vielleicht mal soweit ist?
Seht ihr diese Bauzäune unten, die nur notdürftig von den zusammengeschobenen Schneehaufen überdeckt werden?
Die Masse der Leute aus den vier Bussen, die jetzt da sind, hat sich im Wesentlichen gedrittelt.
Ein knappes Drittel steht am Klo an – seltsamerweise nur Frauen.
Das nächste knappe Drittel hat das Zelt gestürmt und verputzt Kaffee und Kuchen.
Ein Drittel hat einen Weg gefunden, die Bauzäune zu umgehen und steht nun (endlich) in ziemlicher Finsternis mitten auf einem Acker dafür mit Blick auf einen kahlen Bergrücken.
Und die paar Leutchen, die nun noch fehlen, streifen verzweifelt über’s Gelände: Vordergrund – sie suchen Vordergrund.
Hier noch ein Bild von den Pavillons
Allzu lange lässt sich die Natur nicht bitten und ich mache die ersten Klobilder von einem noch sehr schwachen Polarlicht. Aber auch hier wird das bald besser.
Irgendwann hab ich die Gegend hinter dem Klo abfotografiert und streife ebenfalls über’s Gelände auf der Suche nach einem neuen Motiv. Zu stehen komme ich auf dem Zugang zu dem schon erwähnten Acker, die Pavillons im Blick. Ach, und das Festzelt natürlich auch. Polarlicht gibt’s hier auch, teilweise sogar sehr schön.
Was mich aber ziemlich stört, ist das offene Feuer, welches 10 Meter neben mir zur Fotografenwärmung am Laufen, äh am Brennen gehalten wird. Es qualmt und stinkt ziemlich.
Und auf eine ewig verqualmt riechende Jacke hab ich für die nächsten Tage auch keine Lust.
Ich weiß, ich bin eine Mäkeltante.
Aber für 124,99 € pro Person darf ich auch mal mäklig sein! Und dafür hätte ich gern mehr als 2 x 30 Minuten Busfahrt und ne Pfütze Kaffee. Mein Problem ist nicht der Preis an sich – mein Problem ist die Leistung, die ich dafür kriege und mit Leistung meine ich in diesem Fall: Ambiente.
Die ganz Schlauen werden jetzt sagen: „Warum bucht sie dann diesen Ausflug?“
Erstens war vor zwei Jahren der Ausflug auch nicht preiswerter, nur stimmte da die Umgebung – ein wirklich schönes Camp mit sehr ansprechenden Motiven.
Zweitens weiß ich zu dem Zeitpunkt, an dem ich mich entscheiden muss: Ausflug oder auf dem Schiff bleiben, noch nicht, wie das Wetter an diesem Abend sein wird. Und da besteht an Land zumindest die Möglichkeit, dem wolkenlosen Himmel hinterher zu fahren. Auf dem Schiff dagegen sitze ich einfach fest.
Vor zwei Jahren hätte man an diesem Abend vom Schiff aus überhaupt kein Polarlicht gesehen, da es dort viel zu bedeckt war. Bei dieser Reise nun ist es so, dass es auch vom Schiff aus in Alta sehr schönes Polarlicht gegeben hätte.
Aber das kann vorher keiner wissen. Deshalb: Ausflug.
So ab halb neun lichten sich die Reihen der Fotografen doch deutlich. Bisher war schon manch schönes dabei, aber die Kälte frisst sich nun doch zusehends durch Stiefelsohlen und Handschuhe. Dies treibt die Leute schwallartig in das Festzelt. Und wie’s bei den meisten so ist: wenn sie erst mal sitzen, dann sitzen sie.
Es ist aber auch sowas von schwei…kalt da draußen. Bei FB wird später berichtet, es hätte in der Nacht -25° C bis stellenweise -30°C gehabt. Glaub ich gern.
Auch ich gucke mal kurz in das Festzelt rein - es ist gerappelt voll. Kaffee und Kuchen erfreuen sich größter Beliebtheit.
Man könnte den Eindruck haben, der zusätzliche Seetag hätte zu einem kurzfristigen Versorgungsengpass auf dem Schiff geführt, der nun geschlossen werden muss.
Ist nicht mein Geld – sollen sie alle machen. Ich trinke nur einen winzig kleinen Schluck Kaffee und wärme dann meine Hände an dem Becher, denn ich will auf jeden Fall ein Erlebnis mit dem Container um die Ecke vermeiden!
Dann zieht es mich mit aller Macht wieder nach draußen. Nicht auszudenken, wenn ich hier was verpassen würde. Auf der Suche nach einem neuen Motiv stelle ich mich dann an die Stirnseite des Festzeltes. Die großen Fenster strahlen hell auf unseren schönen umfunktionierten Parkplatz und ich denke mir, dass so ein wenig Zusatzbeleuchtung beim Fotografieren ja nur hilfreich sein kann.
Es ist jetzt genau 21:29 Uhr und dann passiert das:
Das Polarlicht ist so hell, dass kurze Belichtungszeiten von 5 Sekunden ausreichen. Zeitweise bin ich bei einer ISO von nur noch 640. Mit dem Selbstauslöser machen wir auch wunderschöne Bilder von uns beiden vor dieser Polarlichtkulisse. Auf das Fotobuch freu ich mich jetzt schon.
Die allermeisten, die sich im Festzelt festgesessen haben, bekommen von diesem Naturwunder hier draußen überhaupt nichts mit. An dem Platz an dem nun die Bilder entstehen, sind wir genau drei Fotografen.
Der junge Mann neben mir macht ebenfalls richtig tolle Aufnahmen. Aber sie sehen so anders aus, irgendwie kälter.
Meine Bilder wirken so……..warm.
„Du musst den Weißabgleich auf manuell stellen.“, rät er mir.
Bloß blöd, wenn meine Kamera kein „manuell“ hat. Ich hab 8 verschiedene Modi im Weißabgleich. Manuell ist nicht dabei. Na gut, dann probiere ich mich eben durch die einzelnen Modi durch - wird schon was Nettes dabei sein.
Wer sagt’s denn!
Der Zauber dauert bis ungefähr 22:05 Uhr (Aufnahmezeit meines letzten Fotos). Kurz danach treffen mit den Bussen dann diejenigen ein, die die spätere Abfahrtszeit vom Schiff hatten.
Leider ist es so, dass wir uns diesmal bzgl. der Rückfahrt zum Schiff nicht so frei entscheiden können wie bei der letzten Reise. Heute gab es eine klare Ansage, wann wir für die Rückfahrt wieder am Bus sein müssen.
Muss ich noch extra erwähnen, wie ich das finde?
Im Laufe der Reise kommt man natürlich immer wieder mit verschiedenen Mitreisenden ins Gespräch.
Daher weiß ich nun inzwischen, dass die erste Gruppe (unsere) das große Polarlichtlos gezogen hatte.
Die zweite Gruppe hatte wohl dann eine Rückfahrt zum Schiff gegen ca. 01:00 Uhr und sie haben wohl leider so gut wie gar kein Polarlicht mehr gesehen (gut, die Kaffeetrinker unserer Gruppe auch nicht).
Als ich ihr dann meine Fotos, die inzwischen meinen Whatsapp-Status schmücken, zeige bricht sie fast in Tränen aus.
Vierte Polarlichtnacht: aber sowas von checked!!!!
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Traumhaft
Vielen Dank, dass du uns das zeigst.
LG Susanne
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Einfach nur oberhammeraffengeil Martina mag auch sehen
Irgendwann werde ich meinen Mann sicherlich dazu bewegen können, dass wir uns auch auf die Reise nach dem Polarlicht machen.
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Mein Wortschatz besteht gerade nur aus "G..l!!!" Gänsehaut pur!! Was für ein Erlebnis. Und was für Fotos!!