Montag, 20. Mai 2019 – Seetag mit ohne Sicht
Normalerweise funktionierten unsere inneren Uhren ganz ausgezeichnet. Wenn wir vor Mitternacht ins Bett gingen, wachten wir wirklich spätestens um 7 Uhr auf, acht Stunden schlafen waren im Normalfall ja genug. Als ich an diesem Morgen das erste Mal aufwachte, versuchte ich in mich hineinzuhören, wie spät es wohl war. Die Innenkabine verriet natürlich rein gar nicht. Also riskierte ich dann doch einen Blick auf meine Uhr. Bitte was! Halb acht? Ach du Schreck!
Wir hüpften also unter die Dusche und wunderten uns die ganze Zeit über, dass das Dunkel der Kabine uns wirklich so durcheinander gebracht hatte. Geschlafen haben wir übrigens wunderbar, und wahrscheinlich war das einfach nur, weil wir endlich Urlaub hatten. Jedenfalls wollten wir das gerne glauben.
Papa wartete schon fertig vor deren Kabine auf uns und wir machten uns auf ins Atlantik Klassik zum Frühstück. Egal auf welchem Schiff, für uns der schönste inklusive Frühstücksbereich.
Steffi erzählte, dass wir wie kleine Steine geschlafen hatten und schob gleich die Frage hinterher, wie es denn ihren Schwiegereltern in der Nacht erging.
Papa: „Ach ganz gut, wir waren erst um ein Uhr im Bett, wir waren noch so lange schwofen in der Abtanzbar.“
Fast verschluckte ich mich an meinem Tee. Wie bitte? Steffi und ich hatten zweieinhalb Reisen gebraucht und meine alten Herrschaften hotteten gleich am ersten Abend auf ihrer ersten Kreuzfahrt ab. Irgendwie fühlte ich mich, als Küken am Tisch, plötzlich uralt.
„Du weißt doch, je oller, je doller“, meinte meine Bonny und ich beschloss, dass ich wohl etwas in meinem Leben ändern musste.
Nach dem Frühstück nahmen wir die beiden sprichwörtlich an die Hand, für unseren, ebenfalls liebgewonnen „Zug durch die Gemeinde“ und zeigten ihnen das Schiff, das wir selbst noch nicht kannten.
Draußen empfing uns eine schöne Nebelsuppe, alle 2 Minuten erklang das Schiffstyphon und man sah wirklich nicht besonders weit. Aber cool war es schon, wenn die Nebeltröpfchen einem direkt ins Gesicht sprühten. Im Laufe des Tages klarte es dann aber doch auf und wurde noch ganz schön.
Unser Lieblingsplatz auf den anderen Schiffen war die Himmel & Meer Lounge, damit konnte der „Ruhepol“ auf keinen Fall mithalten, jedenfalls nicht für uns. Zum einen war es schwer einen Platz für vier zu bekommen, da die meisten sich zu zwei auf den Ecksofas fläzten, zum anderen sah die Lounge zwar sehr stylisch aus, aber überhaupt nicht mehr gemütlich und zum Träumen einladend. Wir nahmen das erste und letzte Getränk dort ein, eine kleine Chance gaben wir ihr trotzdem.
Dafür gab es einen neuen tollen Platz: Die Hoheluft Bar gefiel uns allen sehr gut! Vor allem konnte Papa dann in einem Teil rauchen.
Die Joggingstrecke ist natürlich der Hammer, echt schön, aber so toll der Abschnitt mit der Steigung auch ist: Auch uns gefiel der fehlende Ausblick auf das Meer von der Außenalsterbar nicht. Viele nutzten außerhalb der Joggingzeiten die Strecke um zu gucken, aber irgendwie hätte man das wirklich anders lösen können. Wir joggen zwar auch ganz gerne mal, aber so schlimm war die Runde über Deck 14 vorher nun auch nicht.
Zusammenfassend können wir sagen, dass die Mein Schiff 1 zwar schick ist, aber nicht unser Lieblingsschiff wird. Für die Karibik ist sie bestimmt ein tolles Schiff, weil es sehr viele Außenbereiche gibt (wie auch den „kleinen“ und nicht überdachten Pool) aber auf der Ostsee war es doch ganz schön frisch. Meinen Eltern hat sie, ohne Vergleichsmöglichkeit, aber sehr gut gefallen! Da wir Fahrten eher nach der Strecke und nicht nach dem Schiff aussuchen, würden wir sie trotzdem wieder buchen, aber ein liebstes Schiff darf man ja trotzdem haben.
In der Hoheluft Bar hatten wir übrigens eine ziemlich lustige Begegnung… Wir saßen zusammen, träumten vor uns hin und genossen jeder einen Drink seiner Wahl. Neben uns waren vier russisch sprechende Menschen, die einen Pina Colada nach dem anderen schnabulierten. Wow. Ich wäre schon scheintot und die lallten noch nicht einmal. So viel zum Thema Klischee. Irgendwann kam ich mit dem Niederländer neben mir ins Gespräch, freute mich mal ein paar ganz kleine Brocken auf seiner Muttersprache einwerfen zu können und dann hakten sich auch die Russen ins Gespräch ein. Einer der Männer fror nämlich erbärmlich und jammerte, es sei ja soooo kalt Draußen. Naja, kalt schon, aber so schlimm nun auch wieder nicht. Dann meinte er, er käme aus Nowosibirsk, der größten Stadt Sibiriens. Wir kamen aus dem Lachen gar nicht mehr heraus (die russischen Damen auch nicht), weil das nämlich so ganz und gar nicht dem Klischee entsprach. Ein frierender Sibirier? Irgendwie schon komisch.
Übrigens durfte der arme Niederländer in St. Petersburg, der Hauptgrund für seine Reise, nicht von Bord, da er keinen Reisepass hatte und man ihm wohl im Vorwege erzählt hatte, die niederländische ID reiche. Also jedenfalls wenn ich das richtig verstanden habe, aber so sinngemäß kommt das schon hin. Kurz: Er durfte nicht von Bord, hat das aber erst beim einchecken erfahren, der arme!
Den Abend verbrachten wir getrennt, mit der neuen Verabredung zum Frühstück und dem ersten Landgang. Die nächste Nacht würde dann hoffentlich zeigen, ob unsere inneren Uhren wieder funktionierten.