Reisebericht Transreise "Dubai trifft Singapur" mit der MeinSchiff 6 vom 12.11.2019-27.11.2019

  • Danke an alle für Euer nettes Feedback!! :)


    Cora : ja, die Bilder nehme ich alle in RAW auf. Und weil ein RAW-Bild trostloser aussieht als jedes Foto aus einer 50-Euro-Kamera, gehen die Bilder dann in Photoshop um sie farblich aufzuhübschen, stürzende Linien zu korrigieren etc. Mit RAW bin ich in der Lage, auch nachträglich noch etwas Zeichnung in Bereiche zu bekommen, die eigentlich "abgesoffen" (schwarz) oder "ausgefressen" (weiß) sind.


    Susi66 : nä, keine Fachfrau. Ich bin Diplom-Ingenieurin :) Aber irgendwann haben mich die lausigen "professionellen" Kinderfotos, die meine Kinder aus dem Kindergarten mitbrachten, so geärgert, dass ich mir die (einige Jahre zuvor von meinem Mann geschenkt bekommene Kamera) genommen und mich in das Thema hineingearbeitet habe.


    LG, Ulli

  • Pooldeck 24 - Die Kreuzfahrspezialisten
  • Griaß Di Ulli ulli_titr ,


    vielen Dank für diesen Bericht. Wir machen diese Tour im NOV/20, weshalb wir natürlich sehr neugierig sind, allerdings - oder GsD - ohne Indien, dafür zweimal Sri Lanka.

    Servus und liebe Grüße aus dem Süden


    Helmut

    So a Urlaub auf See is fei scho schee !

    *MeinSchiff*

    P.S. "Jedes Ding hat drei Seiten. Eine positive, eine negative und eine komische." (Karl Valentin)

  • MUSKAT Teil 1


    Mit Muscat begann die „Kür“. Kein Anlegehafen hat mich auf dieser Tour so viel Vorbereitungszeit gekostet wie dieser. Das lag zum einen sicherlich daran, dass wir anfänglich überhaupt keine Ahnung hatten, in „welche Richtung“ ein Ausflug gehen könnte. Erstes Einlesen ließ uns denken, dass die Pfunde, mit denen der Oman wuchern kann, seine Landschaft ist. Wir wandern gerne, sind eher Landeier als Stadtmenschen. Deshalb keimte die Hoffnung, irgendeine Form von Wanderung in den Bergen oder zumindest in der Natur machen zu können.

    Natürlich schauten wir, was TUI so im Portfolio hatte. Am ehesten in unserem Geschmack wäre die Tour ins Wadi Shab gewesen. Aber die einschlägigen Bewertungsportale ließen uns wissen, dass es dort zwar schön, aber mitunter voll werden kann. Dass man zumindest nicht mehr oder minder „alleine“ unterwegs ist. Das wollten wir aber. Also ging die Suche weiter. Es dauerte. Lange. Dann stieß ich auf eine Seite des omanischen Tourismusministeriums, die Wanderrouten im Oman recht ausführlich beschrieb. Ein davon stach uns ins Auge: der sogenannten „Balcony Walk“ W6. Überschaubare Länge, einige, aber überschaubare Höhenmeter, ein altes verlassenes Dorf mit seinen aufgegebenen Häusern und offenkundig grandiose Aussichten auf den Grand Canyon des Oman. Der Knackpunkt waren 250km Anfahrt (in Summe also 500 Autokilometer) am Schluss auch über unbefestigte Pisten. Wir erwogen Alternativen, ließen uns aber letztlich von den wirklich durchgängig geradezu euphorischen Berichten über diese Wanderung überzeugen.

    Wie also zum Startpunkt der Wanderung, dem winzigen Dörfchen Al Khitaym (23.193688 57.201501) kommen? Mietwagen? Das schlossen wir recht schnell aus. Angeblich ausgezeichnete Mietwagenverleiher in Muscat verschwanden innerhalb von Monaten von der Bildfläche/Internet und das Risiko (was tun im Falle von Unfall oder Panne?) war uns viel zu groß. Es galt also einen Tourguide oder Veranstalter zu finden, der uns einen Fahrer für die Hin- und Rückfahrt zum Jebel Shams Gebirge vermitteln konnte. Auch hier habe ich wieder Ewigkeiten recherchiert um möglichst Tourguides mit gefaketen Bewertungen gleich auszusortieren. Bei amerikanischen Kurzzeit- und Kreuzfahrttouristen hatte sich ein Mr. Khalifa hervorgetan. Der schien tatsächlich seinen Job sehr ernst zu nehmen und ausschließlich zufriedene Kunden zu hinterlassen. Ihn schrieb ich an. Prompte Anwort: er selber sei an dem Tag nicht verfügbar, aber er könne mit einem Fahrer/Tourguide nebst Allrad-Wagen (ohne den kommt man da nicht hin) helfen. Erklärungen auf Englisch hätten wir wohl nur begrenzt zu erwarten weil der Fahrer das nur begrenzt sprach. Bei bis zu vier Personen würde die Tour alles in allem 220 Euro kosten – unabhängig von der Personenzahl. Das schien uns fair, wir schlugen ein. Es gab dann noch einiges an Schriftverkehr, in dem ich u.a. darum bat, dass der Fahrer doch bitte in Erfahrung bringen möge, wo es auf der Strecke - hüstel – „Restrooms for the ladies“ gebe. Das war alles kein Problem. Die Kommunikation verlief immer zügig, alle Fragen wurden beantwortet, Anzahlung wurde nicht erwartet. Er bat nur darum, mir etwa eine Woche vorher mitzuteilen, mit wie vielen Personen wir die Tour machen würden. Aus dem Forum wollte niemand mitfahren – also meldeten wir eine Woche vor Abfahrt, dass wir nur zu zweit wandern gehen würden.


    Ein weiterer Vorbereitungspunkt musste geklärt werden: Verpflegung. Wir wollten unser Schicksal nicht überstrapazieren und Zeit durch zusätzliche Restaurantstops o.ä. verlieren. Andererseits war klar, dass wir mindestens zehn Stunden unterwegs sein würden. Womit also die Mägen füllen? Wir haben dann noch zuhause einen breit aufgestellten Feldversuch zum Thema „Müsli-Riegel“ gemacht. Bäähh, unfassbar, was da teilweise für klebrige und übersüße Pampen verkauft werden. Unser Sieger: Hafervoll-Riegel. Ein so’n kleines Dingelchen (9*4*2cm) liefert je nach Sorte 400 bis über 500 kcal und schmeckte auch noch vergleichsweise passabel! Die würden mit auf diese Tour gehen.



    Freitagmorgen liefen wir in Muscar ein.


    Der Freitag ist dort gewissermaßen unser Sonntag. 9 Uhr waren als Treffpunkt vor dem Terminalgebäude abgemacht gewesen. Im Gegensatz zu Khasab durften wir hier nicht eigenständig über das Hafengelände laufen und es gab auch eine zumindest rudimentäre Sicherheitskontrolle. Um kurz vor neun waren wir am abgemachten Treffpunkt (Parkplatz vor dem Terminal). Auch dort fand wieder fröhliche Kundenakquise statt. Unsere suchenden Blicke (der Fahrer war offenkundig noch nicht da) wurde als Chance zum Aufbau von Geschäftsbeziehungen genutzt. Wohin es denn gehen solle? Jebel Shams? Aah… hervorragende Wahl! Man sei dort vor drei Wochen mit Frau, Kindern, Schwiegerkindern und Enkeln gewesen (Handys wurden gezückt und ich bekam eine tendenziell leicht übergewichtige Großfamilie vor bergigem Hintergrund zu sehen). Es sei natürlich schade, dass unser Fahrer noch nicht da ist. Ob ich denn schon bezahlt habe? Um nicht gleich alle Türen aufzumachen, log ich und sagte „ja“. Ohh, das sei ein Fehler gewesen. Heute sei gewissermaßen Sonntag. Man würde natürlich für uns hoffen – In Shalah – dass unser Fahrer noch käme, aber wir sollten uns keine allzu großen Hoffnungen machen. Er selber könne aber in 15 Minuten ein geländetaugliches Gefährt samt Fahrer beschaffen. Ob wir Interesse hätten? Vorerst nicht. Ich hoffte – auch „In Shalah“ (ein wenig göttlicher Beistand konnte hier nicht fehl am Platz sein) – dass unser Fahrer noch käme. Er kam. Knapp 30 Minuten zu spät. Das war dann aber auch der einzige Lapsus des Tages.

    Unser Ziel machte einen Allradwagen notwendig. Nie diskutiert wurde aber, was für ein Allrad es werden sollte. Wir stellten uns also gedanklich durchaus auf etwas in der Preisklasse „alter Suzuki Jimni“ ein. Der hatte schließlich sogar eine Untersetzung. Was kam, hätte hier in Deutschland sofort für heftigste Auto-Scham gesorgt. Ein Toyota Tundra (für die Autoliebhaber: in der 1794-er Edition). Eine Monstrosität von Schlachtschiff.



    Das Ding bot Platz ohne Ende – Begriffe wie „Beinfreiheit“ ließen sich hier gar nicht anwenden.




    Los ging es also gehen halb zehn. Wir fuhren erst durch das Stadtgebiet





    und dann über perfekt ausgebaute Autobahnen Richtung Berge.



    Unser Fahrer hielt sich trotz (feiertagsbedingt?) leerer Autobahn konsequent an die Geschwindigkeitsbegrenzung von 120km. Seine Englischkenntnisse waren tatsächlich nur mäßig gut. Aber es genügte, um zu fragen, was man rechts oder links der Straße sehe. Ansonsten war für uns vorrangig, unser Ziel sicher zu erreichen.

    Wir kamen sehr gut voran. Ich ließ parallel meine outdoor-active-app mitlaufen und konnte so verfolgen, wo wir gerade waren und auch wieviel Höhe wir schon gewonnen hatten. Wussten wir doch mittlerweile, dass der Ausgangspunkt der Wanderung ziemlich genau auf 2.000 Höhenmetern lag. Bis ziemlich nah an eben jenen Ausgangspunkt waren die Straßen noch asphaltiert. Aber irgendwann hörte das auf und wir fuhren die letzten Kilometer über eine staubige Piste.




    Die Aussichten schon hier wurden grandioser und grandioser. Viele Einheimische, die den „Sonntag“ (der ja ein Freitag war) für einen Ausflug in die Gegend nutzten. Ich wusste, dass sich kurz vor Beginn der Wanderung das „Jebel Shams Resort“,



    ein kleines, einfaches Hotel auf der Anhöhe, befand und bat um einen kleinen Stop („restrooms for the ladies...“, exakte Position 23.208212 57.198174, zum Parkplätz die Männer, nach hinten zur Mauer die Mädels) . Offenbar hatte unser Fahrer das sowieso geplant. Wir fuhren also auf das Hotelgelände und nutzten (kostenlos) die rechts neben der Einfahrt befindlichen, öffentlichen Toiletten. Ich sach ma so: es schadet nichts, wenn man in den 80-er Jahren Erfahrungen mit interrail machen konnte und diese Verhältnisse schon einmal erlebt hat… Aber letztlich boten die Örtlichkeiten das was sie bieten sollten… Weiter ging’s noch ein paar Minuten zum Ausgangspunkt unserer Wanderung, dem kleinen Dörfchen Al Khitaym (23.193688 57.201501). Der Parkplatz war gefüllt mit ca. 10 Geländewagen ähnlichen Ausmaßes wie unserer.



    Das was wir vorhatten, machten offenbar auch andere: mit Guide und Fahrer den Balcony Walk.


    Tja, und dann ging es los. Ein Traum von Wanderung. Die folgenden drei Stunden waren ausschließlich gefüllt mit fantastischen Aussichten, bestens markierten Wegen, Einsamkeit (geschätzt alle halbe Stunde begegneten uns vereinzelte Wanderer, ansonsten war absolute Ruhe und Frieden). Uns war ganz schnell klar, das würde einer der Höhepunkte unserer Reise sein.




  • MUSKAT TEIL 2


    Mr Khalifa hatte die Wanderzeit auf vier Stunden angesetzt. Tatsächlich kamen wir deutlich flotter voran und erreichten unser Ziel, das verlassene Dorf nach knapp 1,5 Stunden (ungefährer Standort 23.215949 57.206787).



    Dort gönnten wir uns eine kleine Rast mit Hafervoll-Riegeln und MeinSchiff-Wasser.



    Fast unvorstellbar, dass an diesem an den Hang gepressten Ort noch vor 50 Jahren eine Dorfgemeinschaft gelebt hat. Ohne Strom, ohne fließend Wasser und erschlossen nur über den vergleichsweise mühseligen Weg, den wir gekommen waren.





    Ein Wort zu unserem Guide: er war extrem nett und zurückhaltend. Auf der Wanderung hatte er nach fünf Minuten verstanden, dass er tunlichst ganz hinten geht um bei der Knipserei nicht zu stören. Wir hatten bei unserer Kommunikation im Vorfeld schon angedeutet, dass wir Verständnis dafür hätten, dass der Fahrer sich ggf. nach der langen Fahrt ausruhen statt mit uns laufen möchte. Er kam aber mit. Das hat überhaupt nicht gestört, weil er wie gesagt fast wie ein Schatten einfach nur hinter uns lief und den Großteil der Zeit damit beschäftigt war, auf dem Handy herumzutippen. Aber würde ich noch einmal buchen, würde ich vermutlich klar sagen, dass die Wanderung ohne Tourguide verläuft: für ihn war das ein wirklich harter Tag und ein wenig Ausruhen zwischendrin hätte ihm garantiert gut getan und uns ein noch höheres Gefühl der Sicherheit gegeben. Der Wanderweg selber war ausgezeichnet markiert. Da es rechts und links nur steil nach oben bzw. unten ging, war ein Verlaufen vollkommen unmöglich. Auch der Umkehrpunkt der Wanderung – das Erreichen des verlassenen Dorfes – war eindeutig. Zum Gelände, der Wanderung: das Höhenprofil kann man sich anschauen, wenn man in google „Höhenprofil, balcony walk“ eingibt. Den ersten Vorschlag öffnen und dann auf die kleine Karte mit dem Höhenprofil klicken. Ein paar Höhenmeter kommen da schon zusammen. Der Weg ist wie gesagt ausgezeichnet markiert, vollkommen ungefährlich und wäre meiner Meinung nach auch für Kinder, die grundsätzlich mit dem Zuschnitt einer solchen Tour zurechtkommen, geeignet. Ich kann mich an keine ausgesetzten Stellen erinnern. Feste Schuhe sind empfehlenswert (wir hatten Trekking-Schuhe mit sehr fester Sohle an – das war angesichts des steinigen Weges sehr angenehm), die Nike-Fraktion – so auch unser Guide – war aber auch in der Lage, den Weg zu begehen. Stöcke kann man sicherlich mitnehmen (hatten wir nicht). Wir haben gegen 12:30 Uhr mit der Tour begonnen. Der Weg lag zu diesem Zeitpunkt fast immer im Schatten der Felswände. Auch angesichts der absoluten Höhe (um die 2000m) haben wir trotzdem teilweise ziemlich geschnauft. Aber das Erlebnis war es allemal wert!!

    Drei Stunden nach Beginn der Wanderung waren wir wieder am Parkplatz in Al Khitaym.


    (Der Mann, der die Tür aufhält, gehörte nicht zu uns)


    Von dort machten wir noch einmal einen kurzen Stopp am „Jebel Shams Resort“ und einen Fotostop am über dem gegangenen Weg liegendem „View Point“ (mit Seilen absturzgesichert, unübersehbar, weil von vielen Einheimischen angefahren, noch einmal unbeschreibliche Aussichten)



    bevor es dann endgültig Richtung Muscat zurückging.







    (Noch keine Energiewende: alle Autobahnen sind hell erleuchtet – schon bei Beginn der Dämmerung)



    Vollkommen erledigt, aber prallvoll mit Eindrücken, tiefenentspannt und glücklich, dass das so ein toller Tag geworden war, kamen wir um ca 19:15 Uhr wieder am Schiff an. Der vereinbarte Geldbetrag wechselte noch den Besitzer – alle waren zufrieden. Wir lechzten nach einer Dusche und nach Essen. Beides war auf dem Schiff möglich, sodass auch der Abschluss des Tages ganz nach unserem Geschmack war.


    Ein paar Randdaten zur Tour:

    Dauer Hinfahrt: etwa 3 Stunden

    Wanderung mit Picknickpause am verlassenen Dorf: 3 Stunden

    Rückfahrt mit Fotostop am Plateau, Toilettenpause, Tankstop und Rushhour in Muscat: 3h 50‘

    Gesamtdauer also fast 10 Stunden. Wer diesen Ausflug macht, sollte also (um ihn genießen zu können und nicht ständig auf die Uhr zu schauen) so früh wie möglich starten. Das war unser – zeitlich gesehen - „riskantester“ Ausflug. Dementsprechend hatten wir neben Passkopien auch Kreditkarten, Handys, US-Dollar-Reserven und (auf dem Handy) weitere Stammbuchkopien dabei. Die Tour kann nur privat gemacht werden, die Zufahrt mit einem Bus halte ich für unmöglich.


    Geodaten Muskat:

    Liegeplatz der Mein Schiff: 23.627411 58.568069

    Abholung durch Fahrer: 23.626648 58.561638

    Mehr oder minder öffentliche Toiletten auf einem Hotelgelände 23.208212 57.198174

    Startpunkt der Wanderung / Parkplatz in Al Khitaym 23.193688 57.201501

    (ungefährer) Umkehrpunkt der Wanderung 23.215949 57.206787

    Aussichtspunkt/ Fotostop Rückfahrt 23.212666 57.204183

  • Eine grandiose Tour ulli_titr :thumbup:! Der Ausflug würde mich im nächsten Jahr auch reizen, aber die Dauer des Transfers zum Startpunkt der Wanderung ist schon ganz schön lang :/. Ich freue mich auf weitere tolle Fotos eurer Reise :love:.

    Herzliche Grüße

    Silke

    Leider schon vorbei :( :

    2012 Kiel-Oslo-Kiel (Color Magic / Color Fantasy)

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  • DIAMANTSUITE, SUITENTREFFEN, KLEINKRAM


    Nach vier Tagen randgefüllt mit Ausflügen etc. waren die jetzt anstehenden zwei Seetage mehr als willkommen. Über Nacht hatte sich das Wetter erkennbar geändert: von eher (!) mitteleuropäisch hochsommerlich warm (und abends zumindest für mich zwar nicht kühl, aber auch nicht ganz warm) auf eher gefühlt tropisch warme und feuchte Temperaturen. Wir ließen es sehr, sehr ruhig angehen. U.a. mit einem ausgedehnten Frühstück und Zeitungslesen in der X-Lounge. Nun hatte ich hier im Forum immer mal wieder von Egg Benedict gelesen. Und dabei die Augenbrauen ganz leicht hochgezogen. So ein Gewese für ein bisschen pochiertes Ei mit „was drum“? Aber der Tag war lang, Zeit war vorhanden – also bestellte ich mir zum Frühstück ein ebensolches Egg Benedict. Hui…. Das gab’s danach jeden Tag. Und sollten wir in zwei bis drei Jahren mal wieder eine Fahrt mit der Mein Schiff machen, wird’s das garantiert auch wieder jeden Tag geben. Boah, da ist ja alles drin, was ungesund ist – aber das schmeckte soooo lecker!!

    Der Tag wurde vertändelt: ein paar Bahnen schwimmen im Pool (erstaunlich leer angesichts des Seetages, man konnte wirklich schwimmen), viel, viel lesen auf dem Balkon, zwischendurch immer mal wieder ein Häppchen in der X-Lounge essen. Das war’s so ungefähr. Ihr seht schon – das sicherlich ganz tolle Entertainment-Programm der Mein Schiff geht ein wenig an uns vorbei. Für abends war man zum Suiten-Treff geladen. Bei unserer letzten Mein-Schiff-Tour vor drei Jahren hatten wir gekniffen und bei Aida (2013, also nochmal zwei Jahre zuvor) gab’s so wenige Suiten, dass das eine sehr entspannte Nachmittagsveranstaltung auf dem Crew-Deck ohne großes Aufbrezeln und Dünkel war. An diesem ersten Seetag sollte die Veranstaltung also stattfinden. Es haben sich alle wirklich richtig viel Mühe gegeben, der Champagner floss in Strömen und die Häppchen waren außerordentlich lecker und zahlreich. Aber im Urlaub – das haben wir einmal mehr festgestellt – ist uns die Selbstdarstellung mancher und der unbewusste Drang, dann darauf einzusteigen und mitzumachen, einfach zu anstrengend. Eigentlich war das also eher nicht unsere Veranstaltung. Aber – wie es das Schicksal will – ein Ehepaar bot mit den Worten „Wir hoffen, das Essen nicht über den Tisch zu spucken“ zwei noch freie Plätze an. DAS war Humor nach unserem Geschmack. Als sich dann noch herausstellte, dass einer von beiden an der gleichen Uni und zur gleichen Zeit wie mein Mann und ich studiert hatte, war jedes Eis gebrochen. Es wurde dann noch ein sehr schöner Abend und wir vier waren mit die letzten, die die Veranstaltung verließen. Diese Bekanntschaft sollte sich in den kommenden knapp zwei Wochen noch vertiefen und wir vier sollten noch viel Spaß miteinander haben.


    Wo wir schon beim Thema „Das Schiff als solches“ sind – hier ein paar Fotos zur Kabine (gebucht zwei Monate vor Reiseantritt – die Kabine musste also von einer Familie „kurz vor knapp“ storniert worden sein).










    Was gefiel uns besonders:

    - Der Balkon: man fand immer ein schattiges Plätzchen. Dieser Balkon sollte immer dann, wenn wir auf dem Schiff waren, unser Hauptaufenthaltsort werden. Da wurde gelesen (unsere kindls waren bis zum Anschlag gefüllt), da wurde zum zehntausendsten Mal der Sonnenuntergang geknipst, da pflegte der Ehemann gerne zu „powernappen“, da wurde das An- und Ablegen genauestens beobachtet und da wurde auch das ein oder andere Gläschen Sekt aus der Minibar vertilgt.

    Im Gegensatz zu unserer Mittelamerikatour vor drei Jahren, wo wir (noch mit Kindern reisend) zwei nebeneinander liegende Juniorsuiten hatten, ein extremes Plus. Der damalige Balkon (wir hatten die Trennwand aufmachen lassen) war zwar schön groß aber eben doch mehr Schlauch als Veranda und damit je nach Position des Schiffes bei Sonne für uns oft unbenutzbar.

    Der Balkon bot übrigens weit mehr Privatssphäre, als man das vielleicht annimmt. Steht die Muschel nur richtig an der Seite zum Diamanten, ist kaum etwas einsehbar. Man konnte auch morgens im Schlafanzug und Fernglas auf dem Balkon stehen, ohne gleich als öffentliches Ärgernis aufzufallen.

    - Der Blick vom Bett über den Balkon ins Schraubenwasser oder auf das jeweilige Land, die Skyline der angefahrenen Stadt. Überhaupt hatten wir viel Glück: unsere Kabine (6181) lag eigentlich fast immer an der Landseite, sodass wir beiden sehr technikaffinen Menschen das stete Treiben beim An- und Ablegen immer wunderbar beobachten konnten.

    - Das Fernglas. Damit konnte man sogar sehen, wieviel Mann beim An- und Ablegen gerade in dem Seitendings der Brücke standen.

    - Stauraum. Stauraum ohne Ende. Das Angebot an Schrankraum, Schubladen, Klappen und Kläppchen war tatsächlich so groß, dass wir bis zum Schluss nicht immer den Überblick über die einzelnen Lagerorte unseres Gepäcks hatten.

    - Die Muschel. Hätte ich gar nicht gedacht. Ehrlich gesagt hatte ich mich immer gefragt, wozu um Himmels Willen man das Ding benötigt, wenn doch schon zwei Liegen vorhanden sind. Hoho – die Muschel war quasi der Himmel auf Erden. Die an die Reling geschoben, ein Buch, etwas zu trinken … die Welt hätte untergehen können und mich hätte es nicht gestört.

    - Mir ist vollkommen egal, ob jemand raucht oder nicht. Aber bei der Mittelamerika-Tour pflegten unsere Nachbarn u.a. morgens um 4 Uhr auf dem Balkon zu rauchen. Und das zog dann in unsere Kabine, weil wir immer mit offener Tür schliefen. Hier waren wir vollkommen unabhängig von den Gepflogenheiten unserer Umgebung.

    - Reichlich Steckdosen. Das weiß man erst zu schätzen, wenn man bei einer AIDA-Fahrt (die ganz große Eck-Suite hinten auf Deck 6) erlebt, dass es trotz der Größe der Kabine nur zwei Steckdosen gibt. Also, hier gab’s bei MeinSchiff wahrlich nichts zu meckern.

    - Meinem Mann gefiel ganz außerordentlich, dass man nachts (zumindest auf unserer Reise) praktisch keine Schiffsbewegung mitbekam.


    Das gefiel uns nur so mittel:

    - Das Design. Hm. Sicherlich besser als alles, was wir bei Aida auf zwei Reisen so gesehen haben. Tausendmal besser als das, was man so auf den Internetseiten amerikanischer Schiffe gesehen hat. Aber in unseren Augen deutlich weniger geglückt als z.B. die Juniorsuiten. Auf uns wirkte das nicht so ganz stimmig. Irgendwie so gewollt „Das muss jetzt diamantig sein“: der unruhig gemusterte Holz(fake?)boden, das unruhige, ebenfalls diamantmustrige Teppichmuster im Schlafbereich, die drei silbernen diamantigen überhaupt nicht passenden Wohnzimmertischchen... Aber – das ist Leiden auf extrem hohen Niveau und wie immer eine reine Geschmacksfrage. Und wenn ich an das aufgeplüschte und aufgepolsterte Design mancher anderer Schiffe denke, dann bin ich heilfroh, dass es auch die Formensprache der MeinSchiff gibt, die immer (also auch in der Diamantsuite) so klar und reduziert ist.

    - Der angemuchelte Teppich beim Sofa. Hellbeige. Das traue ich mich ja nicht einmal zuhause. Aber auf einem Kreuzfahrtschiff wo nicht jede Mutti gleich „Schuhe aus!!!“ nach Betreten der Kabine schreit? So sah der Teppich dann auch ein bisschen aus.

    - Die Klimaanlage. Beide Anlagensteuerungen (im Schlafzimmer und im Wohnzimmer) haben wir sofort ausgestellt. Dann lief aber immer noch die Lüftung und es war wirklich mächtig kalt. Erst als die Anlage dann wieder angemacht und auf 25° gestellt haben, war es mit den gefühlten Kühlschranktemperaturen vorbei. Die Klimaanlage ist nicht an Fenster-Kontaktschalter gekoppelt. Bei offener Balkontür wird da also fröhlich Energie zum Fenster rausgeschickt. Finde ich jetzt nicht so ganz zeitgemäß.

    - Sich von Geisterhand bewegende Türen: zweimal sind Gemahl und Ehefrau in vollem Lauf gegen die Balkontür gedonnert. Die hatte die unschöne Angewohnheit, auch bei geringem Seegang (von wirklichem Seegang konnte auf der Reise nie die Rede sein) zuzurutschen.



    Und sonst so?

    - Geräusche: haben wir keine gehört. Allenfalls beim An- und Ablegen (Seitenruder) so, dass man weiterschlafen konnte wenn man wollte. Von der Champagner-Bar haben wir gar nichts mitbekommen. Vom Außenbereich des Surf&Turf ein, zwei Mal. Gerne weibliche Gäste nach dem dritten Sekt – da trägt dann die Stimme und das Tremolo besonders gut auch nach oben. Ist die Balkontüre geschlossen, hört man aber gar nichts. Null, nada. So viel sei schon verraten (jooo… ich weiß, Cliffhanger sind fies), nach Mumbai haben wir nur noch bei geschlossener Türe geschlafen…

    - Wir sind jetzt ohne Kinder gereist, aber die Kinder-Kammer war schon ziemlich genial. Knappstens geschnitten, aber sehr gut durchdacht, was den Stauraum anbelangt. Und zumindest unsere Brut kam bei Kreuzfahrten sowieso nur zum Schlafen in die Kabine – warum da also unnötig Platz vergeuden. Zumal die Kabine sympathisch/kuschelig wirkte. Das war wirklich gut und sehr ansprechend gelöst. Ich kann mir eigentlich gar nichts anderes vorstellen, als dass TUI solche Kabinen en masse verkaufen könnte. Schade, dass es da kaum welche von gibt.

    - Entfernung zur X-Lounge. Das war überhaupt kein Problem. Wir sind immer in Etappen gegangen: bis zum ersten Aufzug, dann hoch bis Deck 14, dann entlang des Sonnendecks zum vorderen Treppenhaus und schwupps, war man da.


    Und weil es vermutlich nirgendwo sonst in diesem Bericht passen wird: der Concierge-Service in der X-Lounge war spitze. Wir hatten einmal nach Mumbai ein sehr spezielles "tierisches" Problem (da komme ich in den nächsten Tagen noch einmal drauf zu sprechen) und einmal eine sehr spezielle/ungewöhnliche Bitte. Beim Problem wurde geholfen, soweit das dann noch möglich war und bei der Bitte (weil's privat ist) sei nur so viel gesagt: der Wunsch landete nicht im Papierkorb, sondern wurde möglich gemacht. Danke! Danke an die beiden Damen, deren Namen ich mir leider nicht gemerkt habe.

  • ulli_titr

    Toller Reisebericht bislang mit mega Fotos :thumbup:Danke auch für die ausführliche Suiten-Beschreibung. Wir haben die nächstes Jahr im Sommer auf unserer Ostsee-Kreuzfahrt (mit den Kids).


    Bin gespannt, wie's weiter geht.


    Liebe Grüße Nicole

    Diese Reisen liegen hinter uns:
    Mein Schiff 3 - Westliches Mittelmeer - 2014
    Mein Schiff 3 - Östliches Mittelmeer - 2015
    Mein Schiff 2 - Adria mit Kroatien - 2016
    Mein Schiff 1 - Asien mit Malaysia - 2016/17
    Mein Schiff 5 - Mittelmeer mit Valencia - 2017

    Neue Mein Schiff 1 - Kanaren mit Lanzarote 2019

    Mein Schiff 6 - Malta mit Griechenland 2019

    Mein Schiff 1 - Mittelamerika 2019/20

    Mein Schiff 6 - Ostsee 2022

  • Egg Benedict. Hui…. Das gab’s danach jeden Tag. Und sollten wir in zwei bis drei Jahren mal wieder eine Fahrt mit der Mein Schiff machen, wird’s das garantiert auch wieder jeden Tag geben. Boah, da ist ja alles drin, was ungesund ist – aber das schmeckte soooo lecker!!

    Ich weiß schon, warum ich die Dinger immer wieder anpreise.;)8)

    Servus und liebe Grüße aus dem Süden


    Helmut

    So a Urlaub auf See is fei scho schee !

    *MeinSchiff*

    P.S. "Jedes Ding hat drei Seiten. Eine positive, eine negative und eine komische." (Karl Valentin)

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  • Jetzt bin ich doch mal neugierig, ob sich irgendwann auch jemand meldet, den diese benedektinische Variation nicht geschmeckt hat.;)

    lg Christine

    Nicht ganz. Ich fand die Benediktiner ganz ok, hab sie in einer 14 Tage-Reise in der X-Lounge zweimal bestellt, bin ansonsten aber zwischen Omelette und Rührei gependelt. :) Bei der Gelegenheit: Gibt es eigentlich das Onsen-Ei auch in der X-Lounge? Habe ich auf der Karte bewusst nicht gesehen.

  • Ich oute mich mal: mag die benediktinischen Eier überhaupt nicht <X, obwohl ich Eier mag und Hollandaise und Schinken. Aber nicht alles zusammen. Dann lieber ein schönes Omelette mit Tomaten- Zwiebel-, Schinkenwürfeln und Kräutern ...:*


    LG

    Jutta

  • Ich oute mich mal: mag die benediktinischen Eier überhaupt nicht <X, obwohl ich Eier mag und Hollandaise und Schinken. Aber nicht alles zusammen. Dann lieber ein schönes Omelette mit Tomaten- Zwiebel-, Schinkenwürfeln und Kräutern ...:*


    LG

    Jutta

    ...ich muss mich da anschließen - "I mog es net" <X, einzeln ja :love:- und bevorzuge es genauso Zubereitet wie

    Emmalotta es beschreibt.


    LG

    Petra

  • Liebe Foris,


    ich verstehe absolut nicht, warum "Eggs Benedict" sooooviel OT auslösen können.


    Für mich sind diese Dinger einfach eine der schönen Nebensachen im Leben.


    Liebe Ulli ulli_titr , ich bin jetzt raus aus OT,............................und hoffentlich auch alle Anderen.

    Servus und liebe Grüße aus dem Süden


    Helmut

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    P.S. "Jedes Ding hat drei Seiten. Eine positive, eine negative und eine komische." (Karl Valentin)

  • MUMBAI TEIL 1


    …das kommt jetzt eventuell in etwas kleineren Häppchen, weil Familie, Job, Weihnachten etwas ihren Tribut fordern…


    Unsere Gefühle, vor allem die meines Mannes, waren zwiespältig, was Mumbai anbelangte. Wobei der Zwiespalt schwer zu beschreiben war. Aber er war da. Gerade dieses Ziel war also ein Kompromiss zwischen uns beiden – zumindest vorerst war mein Mann nur über den Weg „Kreuzfahrt“ bereit, sich an das Land heranzutasten. So aber war er für ihn o.k., mehr als nur eine Bustour durch Mumbai mitzumachen. Und da setzte ich an. Auf unseren Reisen nach Süd-Ost-Asien hatte sich zumindest für uns bewährt, ins alltägliche Leben zu gehen. Keine Extreme, aber auch kein Betrachtung durch Reisebusfenster. Klar war auch, dass wir allenfalls in sehr kleiner Gruppe unterwegs sein wollten. Und zu guter Letzt war ebenso fest gesetzt, dass diese Gruppe von einem Guide geführt sein musste, um die Zeit möglichst effektiv zu nutzen.

    Hier erwies sich eindeutig als Nachteil, dass wir so spät dran waren: die Guides (auf den üblichen Plattformen) mit Top Bewertungen waren an dem Tag schon ausgebucht. Schließlich landeten wir bei Toursbylocals und der Tour „Mumbai by Public Transport“ für maximal vier Personen. Die Tour sollte mindestens vier, maximal sechs Stunden dauern, unterwegs war man mit Bus, S-Bahn, Taxi und zu Fuß, angesteuert würden die üblichen Ziele in Mumbai. Kosten sollte der Spaß 250 USD, für 10% Aufschlag (das taten wir) konnte man die Möglichkeit dazu buchen, bis zu 24 Stunden vorher ohne Angabe von Gründen zu stornieren und das Tourentgeld zurück zu erhalten. Wir nahmen (über die Plattform anonymisierten) Email-Kontakt zu dem Guide auf, um noch einige Details zu klären. Anschließend buchten wir die Tour mit Beginn um 10 Uhr. Mit diesem eher späten Tourbeginn hofften wir, der morgendlichen Rushhour zu entgehen (das hat auch geklappt). Das Geld wurde dann recht schnell vom Plattformbetreiber abgebucht und wir erhielten direkte Kontaktdaten (Vollname und Handynummer) des Tourguides. Mit ihm klärten wir via whatsapp, dass wir ggf. mit noch einem weiteren Paar (wir hofften da noch auf das Forum…) teilnehmen würden und sprachen den Abholungsort (Green Gate) ab. Unser Visum hatten wir gleich nach der Buchung in Angriff genommen (siehe auch mein erstes Posting im Thread). Damit war also alles getan, was an Vorbereitung getan werden musste. Die Resonanz auf meine Nachfrage im Rollcall zu möglichen Begleitern war null, wir nahmen also an, die Tour zu zweit zu machen.


    Am 2. Seetag galt es dann, die offizielle Landgangskarte der indischen Behörden in Empfang zu nehmen. Dazu waren indische Beamte (ich meine, dass es zwei waren) im Oman an Bord gegangen, die nunmehr mit dem Stempeln und der Verteilung der Karten betraut waren. Man hatte schon abends im Bordprogramm nachlesen können, dass das Prozedere am 2. Seetag von 8 Uhr bis 11:30 stattfinden werde. Jeder, der die Karte benötigte, musste persönlich antreten. Um es kurz zu machen: wir hatten gut daran getan, früh dran zu sein. Schon um 9:30 zog sich die entsprechende Schlange vom Treppenhaus durch die TUI-Bar und dann den ganzen Weg zurück bis ins Atlantik Mediterran. In weiser Voraussicht hatten wir unsere kindl mit, aber 50 Minuten Warten bleiben 50 Minuten warten bis wir dann schließlich die sorgsam gestempelte und unterschriebene Landgangskarte in den Händen hielten. Das ganze sollte sich dann übrigens bis weit in den Nachmittag ziehen und die Anzahl der Durchsagen, die teils davon abrieten, sich jetzt in die Schlange zu stellen (weil zu lang) waren an diesem Tage zahlreich und nicht wie sonst mit heiteren Sprüchen garniert.


    Montag früh liefen wir in Mumbai ein. Ankunft war für 6 Uhr vorgesehen, aber schon um etwa 5:30 weckte uns das dezente aber erwartungsvolle Vibrieren der Seitenstrahlruder und nichts hielt uns mehr in den Federn. Einmal mehr ein höchst interessantes und personalintensives Anlegen. Trotz der frühen Morgenstunde war schon jede Menge Leben am Anleger: die zahlreichen Ausflugsbusse fuhren vor, Offizielle standen an der Pier, ein Krankenwagen fuhr vor – in gefühlt jeder Sekunde passierte etwas anderes…





    Interessant auch, wie unterschiedliche Häfen das Thema Safety handhaben. Da gab es die Häfen, in denen die Hafenmitarbeiter überhaupt keine erkennbare Schutzausrüstung trugen. Dann wieder solche, die mit Automatikrettungswesten ausgestattet waren. Und es gab Mumbai. Auch hier wurde über die Sicherheit gewacht: die einzige Aufgabe des Herrn auf dem Foto unten war es, sowohl beim Ab-, wie auch beim Anlegen mit Rettungsring möglichst nahe bei seinen Kollegen zu stehen, um diese im Falle eines Sturzes von der Pier mittels des Rettungsringes zu retten.



    Ihr ahnt es schon – uns fasziniert alles das, was es so beim An- und Ablegen des Schiffes zu beobachten gibt, sehr – wir konnten uns daran gar nicht satt sehen. Nach mehr als einer Stunde an der Reling haben wir uns dann aber doch in einen präsentablen Zustand gebracht und sind frühstücken gegangen, bevor wir dann gegen 9 Uhr aufbrachen. Alleine waren wir nicht: das sehr nette Paar, das wir im Khasab auf der Dhautour kennengelernt hatten, begleitete uns. Wir hatten auf der Dhau über die Mumbai-Tour berichtet und angeboten, ebenfalls mitzufahren, falls sich für sie nichts Besseres ergebe. Und so war es gekommen, dass wir (nach einem sehr schönen gemeinsamen Abendessen) die Tour zu viert antraten. Ein Umstand, der sich in jeder Hinsicht als vorteilhaft für alle erwies: die Gruppengröße immer noch so klein, dass man sich wie „privat unterwegs“ bewegen konnte, die Kosten aber durch vier geteilt und mit dann knapp 70 USD pp überschaubar und angemessen.

    Wir standen also um 9 Uhr gestiefelt und gespornt an der Pier.



    Etwas nachteilig erwies sich, dass die MeinSchiff nicht wie erhofft nah am Green Gate lag, sondern abseits am „New Dock“ (Geodaten kommen alle am Ende). Man war also auf den von den Hafenbehörden angebotenen, kostenlosen Shuttle zum Green Gate angewiesen (die etwas angeranzten, eher kleinen Shuttlebusse standen links, die Ausflugsbusse alle rechts der Gangway). Diesmal galt es diverse Dokumente am Mann / an der Frau mitzuführen.

    - die gelbe, offizielle Landgangskarte

    - eine Passkopie (der Reisepass verblieb bei den Behörden)

    - die Bordkarte




    Das Green Gate ist der Dreh- und Angelpunkt im Hafen bzw. beim Verlassen des Hafens. Hier treffen Tourguides auf Ihre Kunden und fahren die Busse zu den Ausflügen durch. Jeder, der mit einem Kreuzfahrtschiff ankommt, muss über dieses Tor den Hafen verlassen (so steht es auch auf den Landgangskarten). Beim Tor angekommen gab’s (wenn ich mich recht entsinne) eine kleine Sicherheitskontrolle.

    Draußen dann ein Fußweg, der sich teilte: auf der dem Tor zugewandten Seite die Passagiere, die auf ihre Guides warteten, etwa 10-15 Meter entfernt mehrere Tourguides mit Namensschildern und auch solche, die offenbar noch auf kurzentschlossene Passagiere warteten. Getrennt wurde das Ganze von Sicherheitskräften, deren Körpersprache den Tourguides sehr deutlich eine gedankliche Grenze signalisierte, bis zu der sie maximal aufschließen durften. Um 9:20 waren wir am Green Gate. Also eigentlich viel zu früh. Aber schon zehn Minuten später erspähten wir unseren Guide, der ein Schild mit meinem Namen hoch hielt. Die Tour konnte beginnen…



    Geodaten (in google eingeben):

    Liegeplatz Mein Schiff 6: 18.941435 72.853599

    Green Gate: 18.933488 72.842222

  • MUMBAI TEIL 2


    … los ging es. Shailendra, unser Guide sammelte also seine vier Schäfchen ein. Uns wurde eine kleine Änderung angekündigt: da wir zu viert seien, habe er einen Fahrer samt Wagen beschafft, in den wir alle (4 Teilnehmer, Guide plus Fahrer) hineinpassen. So würden wir die eigentlich mit dem Taxi geplanten Fahrten machen. Die üblichen Taxis in Mumbai sind winzige kugelrunde Autos, die schon mit insgesamt vier Passagieren an ihre Grenzen kommen. Das erschien uns o.k. und nachvollziehbar, die Bahn- und Busfahrten sollten wie geplant stattfinden. Also ging es los. Das erste anzusteuernde Ziel war der „Dadar Flower Market“. Um diese Zeit (etwa 10 Uhr) angenehm leer. Keine Touristen außer uns weit und breit sichtbar. Wobei man sich hier keiner Illusion hingeben sollte: der Markt hat mehr als 2000 google Rezensionen. Zu irgendeinem Zeitpunkt sind also auch die Touristen da. Aber als wir dort waren, waren wir die einzigen Nichteinheimischen vor Ort. Und weil es zumindest in diesem Moment eben keine Touri-Veranstaltung war, war man an uns auch kein bisschen interessiert. Man ging seinen Geschäften nach und wir konnten mit Muße schauen. Wer sich übrigens auf google („Dadar Flower Market“) anschauen mag, wann am meisten los ist: die Peakzeiten liegen zwischen 6 und 9 Uhr morgens. Wir waren also gerade zum richtigen Zeitpunkt vor Ort – im Anschluss an das Gedränge. Nach ein paar Erläuterungen durch unseren Guide konnten wir uns frei bewegen und die fast erschlagende Fülle an Blütenknospen in Körben, sorgfältig und künstlerisch zusammengesetzten Blütenketten und prächtigen Blumenbouquets genießen.







    Fotografiert habe ich hier weit weniger als z.B. im Oman, wo lediglich mein Mann vor der Linse stand. Mit der Kamera ungefragt direkt auf Menschen zu zielen oder ihnen auch nur das Gefühl zu geben, Teil des Bildes zu werden, fällt mir enorm schwer. Ein Kompromiss ist die Handykamera oder (wie hier im Blumenmarkt) die Verwendung meines Weitwinkels (für die Interessierten: 14-24mm VF). Damit „zielt“ man mehr oder minder ins Leere nach vorne oder auch oben, erfasst aber auch die interessanten Seitenbereiche des Blickwinkels. Wir durchwanderten also die engen Gänge, stiegen über Unmengen an Verpackungspapieren und bewunderten immer wieder die Blütenpracht, die hier in übergroßer Anzahl in den Körben bei über 30°C auf ihre Käufer wartete. Einerseits wurde man nicht angequatscht, andererseits wurden Fragen freundlich von den Händlern beantwortet (notfalls mit Händen und Füßen, wenn das Englisch nicht reichte). Schon dieser erste Anlaufpunkt hat viele unserer Befürchtungen ad acta gelegt. Für uns ein sehr gelungener Auftakt des Tages.


    Weiter ging es zu Fuß Richtung Bahnhof Dadar (Dadar Train Station). Ja, gerade im Umfeld des Blumenmarktes roch es.



    Das Foto entstand vor dem Flower Market, wo die Blumenreste mit großem Gerät abgeräumt werden und wo zahlreiche LKW standen, die frisch gepflückte Blumen aus dem Umland von Mumbai gebracht hatten. Ja, es war laut und nichts war touristisch aufgehübscht. Aber es war interessant, gerade dieses ungeschönte Leben zu beobachten. Das galt auch für den Bahnhof.




    Sehr einfach, an manchen Stellen sicher nicht das, was man sauber nennen würde, aber eben auch kein Schockerlebnis, sondern Alltag. Sehr, sehr interessanter Alltag. Wir fuhren dann mit einem Nahverkehrs-Zug. Mit Mitfahrern, die erkennbar auf dem Weg zur Arbeit oder zur Schule waren.



    Die sich genauso wie in Deutschland die Zeit mit dem Tippen auf ihrem Smartphone vertrieben. Die überhaupt nicht an uns interessiert waren – und das meine ich wieder 100%-ig positiv. Es war laut. Es war ziemlich feucht und heiß. Türen schlossen in diesen Zügen nicht.



    Der mehrfach gesehene Hinweis, dass die Mitfahrt auf dem Zugdächern verboten ist, wird seinen Grund haben.



    Und irgendwann bot mir dann ein älterer Herr (der GANZ SICHER deutlich älter als ich mit meinen 55 Jahren war) seinen Sitzplatz an… Es war Alltag, keine Touri-Veranstaltung. Genau das wollten wir. Die Fahrt sollte etwa 10 Minuten dauern. An der Station Mahalaxmi stiegen wir aus.



    Unser Ziel unmittelbar neben dem Bahnhof: Dhobi Ghat.




    Zuerst steuerten wir den „Dhobi Ghat viewpoint“ an und stießen dort – wie sollte es auch anders sein – auf gleich mehrere MeinSchiff-Gruppen. Dieser Viewpoint ist der übliche Anlaufpunkt für das Dhobi Ghat.



    Eher im Nebensatz fragte unser Guide, ob wir Interesse hätten, hineinzugehen. Und ob wir hatten! Ich weiß nicht, ob Shailendra ihn kannte, ob es Zufall war, dass er vor Ort war oder ob doch Touristen auch häufiger die Möglichkeit hatten, ins Dhobi Ghat zu gehen – jedenfalls trafen wir im Eingangsbereich auf einen Mitarbeiter des Dhobi Ghat, der gleichzeitig der örtlichen Gewerkschaft der Wäscher angehörte und ausgezeichnetes Englisch sprach. Er nahm uns mit und führte uns durch das enge Labyrinth aus Gängen, Wasch-, Trocknungs- Bleich und Schlafbereichen und erzählte dabei sehr anschaulich über die Geschichte von Dhobi Ghat und die Lebensbedingungen der Wäscher. Das war sicher kein Kuscheltourismus.







    Die offensichtliche Härte der Arbeit dort war nicht ganz leicht auszuhalten. Alleine die Hitze gepaart mit der dort extrem hohen Luftfeuchtigkeit hat einen fast umgehauen. Aber es gab so unfassbar viel zu sehen. Unser Dhobi-Ghat-Guide erzählte uns, dass viele der Wäscher aus einer Gegend in Nordindien stammen. Manche arbeiten ihr Leben lang in der Wäscherei, manche machen das nur ein paar Jahre, sparen das Geld und gehen dann zurück in ihre Heimat. Der Lohn ist niedrig und selbst ein einfacher Schlafplatz auf einem Steinvorsprung in drangvoller Enge kostet noch einmal 1000 Rupien im Monat vom Lohn. Die Technik ist archaisch, fast alles wird von Hand gemacht. Vereinzelt haben wir Schleudern (siehe auch Foto) gesehen. Und gelesen hatte ich, dass zumindest in der Monsunzeit auch Trockner zum Einsatz kommen. Aber ansonsten wird wirklich jeder Arbeitsschritt von Hand erledigt. Kernstück der Anlage sind die weit über hundert Jahre alten Steinbecken, die gefüllt mir Lauge auf die Wäsche warten.



    Gebügelt wird mit Strom… und mit Kohle. War es draußen schon weit über 30 Grad warm, so war es in diesen „Abteilen“, in denen gebügelt wurde, fast nicht auszuhalten – uns lief der Schweiß den Rücken runter…



    Wäscheklammern gibt es keine: die Wäsche wird zwischen zwei zueinander verdrehten Wäscheleinen gesteckt. „Express-Service“ ist hier quasi Standard: die Wäsche wird morgens abgeholt und abends wieder geliefert.

    Neben dem Waschen wird hier auch Neuware für den Verkauf vorbereitet, wenn es sich z.B. um „prewashed“ oder „bleached“ Jeans handelt wie hier auf dem Foto



    Als wir alle Bereiche gesehen hatten, durften wir über abenteuerliche Leitern auf die zweite Ebene das Ghat klettern: hier waren einige Privatzimmer (auch unser Guide wohnte dort) und hier trockneten auch große Teile der Wäsche. Auch dieser Bereich, der eine tolle Aussicht auf das Gelände bot, war wieder hochinteressant.



    Hier entstanden auch unsere Gruppen-Fotos, die wir zum Andenken mit Tourguide und dem Gewerkschaftsvertreter/Guide gemacht hatten. Bevor wir uns verabschiedeten, gab es noch ein „Spende“ für die Gewerkschaft: 5 Dollar pro Person, in unserem Fall also 20 Dollar. Wir alle vier waren der Meinung, dass das angesichts dessen, was wir gesehen hatten, mehr als gerechtfertigt war - uns war jetzt schon klar, dass dieser ganz besondere Einblick in den Alltag des Dhobi Ghat der Höhepunkt des Tages werden würde.


    Und wieder weiter ging es – erneut mit der Bahn von der Mahalaxmi-Station zur Grant-Road-Station. Dort angekommen waren es noch ein paar hundert Meter Fußweg bis zu unserem nächsten Ziel: das Ghandi-Museum….



    Geodaten:


    Abholungspunkt am Green Gate 18.933449 72.841984

    Dadar Flower Market 19.012309 72.836690

    Dadar Station 19.018695 72.842605

    Mahalaxmi/Mahalakshmi Station (Bahnhof unmittelbar am Dhobi Ghat) 18.981823 72.823735

    Dhobi Ghat viewpoint 18.982131 72.824709

    Grant Road Station (Startpunkt des Fußweges zum Ghandi-Museum) 18.963096 72.816001

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