So nun werde ich mal wieder versuchen, mit Unterstützung meiner "Lebensendgefährtin" Nora Noé einen Reisebericht einzustellen.
Sie formuliert schöner (man merkt halt, dass sie Schriftstellerin ist.) und vor allem schreibt sie besser.(und freier von Fehlern) Ohne Sie wäre dieser Bercht nicht entstanden, vielen Dank dafür!!!!
Hier der 1. Teil.
Buenos Aires
Am 1. Januar flogen wir am Abend mit der Lufthansa nach Buenos Aires. Nach fast 14 Flugstunden kamen wir Donnerstagmorgen um acht in der argentinischen Hauptstadt an. Obwohl wir eigentlich hätten hundemüde sein müssen, schliefen wir nur eine Stunde und brachen dann zu unserem Stadtrundgang auf. Der Jetlag und die Neugierde ließen und unsere Müdigkeit vergessen.
Buenos Aires ist zweifellos eine faszinierende Stadt mit einer Unmenge von kulturellen Angeboten. Das Stadtbild ist jedoch ein wenig irritierend.
Es fehlt ein wirklich historischer Stadtkern. Stattdessen findet man überall großflächig verteilt historische Gebäude neben modernen Wolkenkratzern. Man hat bei der Anordnung der verschiedenen Häuser nicht unbedingt den Eindruck, dass ihnen ein architektonisches Konzept zu Grunde liegt. Sie stehen eng nebeneinander, manchmal sind sie gerade mal einen halben Meter voneinander entfernt.
Die Stadt wirkt nicht unbedingt lateinamerikanisch, sondern eher europäisch, wenn ich sie beispielsweise mit Mexico-City, das ich gut kenne, vergleiche. Man sieht kaum indianisch geprägte Menschen. Die meisten Argentinier stammen von italienischen Einwanderern ab, die zumeist Ende des 19. Jahrhunderts hierher kamen. Die zweitgrößte Gruppe sind Spanischstämmige. Sie geht auf weit frühere Einwanderungsphasen zurück. Darüber hinaus gab es natürlich zahlreiche Einwanderer aus anderen europäischen Ländern. Auch viele Deutsche fanden hier im 19. Jahrhundert eine neue Heimat. Weitere deutsche Auswanderungswellen gab es in den 30er Jahren, es waren hauptsächlich Flüchtlinge vor der Hitler-Diktatur und schließlich tauchten hier auch nicht wenige Nazis nach 1945 unter.
Aber zurück zu erfreulicheren Themen. Nett fanden wir die vielen Cafés, zum Teil mit wunderbaren Torten in ihren Schaufenstern. Das sind eindeutig deutsch-österreichische Spuren. Am Mittag steuerte Werner zielsicher den Hafen „Puerto Madero“ an. Ich kann ihm da ganz vertrauen, er kennt sich, egal, wo wir auf der Welt sind, überall wunderbar aus. Wir schlenderten an dem idyllischen Kanal, dem „Paseo del Bajo“ entlang. Hier reiht sich ein Restaurant an das andere und alle sind gut besucht. Wir fanden einen schönen Platz und ich aß eines der besten Steaks meines Lebens. Und das soll was heißen, da mein Fleischkonsum sich Gott sei Dank eher in Grenzen hält.
Am Freitag nahmen wir dann den „Hoppelbus“, wie wir liebevoll den „Hop-on, Hop-off-Bus“ nennen. Wir bekamen so einen noch umfangreicheren Eindruck von der zweitgrößten Stadt Lateinamerikas. An der „Plaza de Mayo“ gab es einen Stand mit älteren Frauen mit weißen Kopftüchern. Sie erinnern noch heute mit Dokumenten und allein schon durch ihre Präsenz an die Mütter, die während und nach der faschistischen Epoche Argentiniens von 1976-1983 auf diesem Platz vor dem Regierungsgebäude demonstrierten. Mit großen Plakaten machten sie damals auf ihre verschwundenen Kinder aufmerksam. Während der argentinischen Militärdiktatur verschwanden über 30.000 Menschen, die gegen die damalige Regierung demonstrierten. Viele wurden betäubt und anschließend nackt über dem Rio de la Plata oder dem Meer aus Hubschraubern ins Wasser geworfen, um ihre Identität zu verschleiern. Wahrscheinlich ist diese Zeit das dunkelste Kapitel in der argentinischen Geschichte. Es hat mich schon von jeher sehr berührt.
Was uns im Stadtbild auch auffällt, sind die vielen Menschen ohne Wohnsitz, die zum Teil auf den breiten Bürgersteigen auf zerschlissenen Matratzen oder einfach auf dem blanken Boden liegen. Man wird auch des öfteren angebettelt. Einer unserer Taxifahrer erzählte uns, dass es hinter der schönen Fassade dieser Stadt auch viel Armut gäbe. Ich habe Bilder im Internet gesehen von Elendsvierteln mit der Skyline von Buenos Aires im Hintergrund. Anscheinend geht es auch der Landbevölkerung nicht besonders gut. Aber das kenne ich von Mexiko und darum weiß ich, dass das nicht nur ein argentinisches Problem ist. Es gibt hier auch viele, die aus Venezuela geflohen sind. Dort scheinen die Lebensverhältnisse gegenwärtig noch katastrophaler zu sein.
Toll fand ich die vielen wunderbar künstlerisch gestalteten Graffitis. Man findet sie über die ganze Stadt verteilt. Durch einen Zufall, weil uns der „Hoppelbus“ zum zweiten Mal vor der Nase wegfuhr, besuchten wir den Botanischen Garten im Stadtteil „Palermo“. Hier begegneten wir „Maras“, übersetzt auch Pampashasen, die es ausschließlich in Südamerika gibt. Ich fand die kleinen Kerle unheimlich possierlich.Gegen Abend landeten wir dann im Stadtteil „Boca“. Das ehemalige Hafen- und Arbeiterviertel erinnerte mich in seinem Werdegang ein bisschen an den Mannheimer Jungbusch. Heute ist es nämlich ein quirliges Künstlerviertel mit vielen Lokalen, zahlreichen Touristen, es herrscht eine gute Stimmung und von überall ertönt Musik, oftmals live. Man isst, trinkt und lacht. Darunter mischt sich die Bevölkerung, die zum Teil vor ihrer Haustür selbstgemachte, kleine Kunstwerke anbietet. Auch gibt es Einkaufsmöglichkeiten ohne Ende: von Lederjacken und Ledertaschen aus einheimischer Produktion bis hin zu einfachen Mitbringseln. Zweifellos ein Ort, der eine ganz besondere Atmosphäre hat und gute Laune macht. Ein absolutes Highlight.
Wer Buenos Aires besucht, sollte es keinesfalls missen. Und wer hat diesen Stadtteil, der in den offiziellen Flyern leider gar nicht erwähnt wurde, entdeckt? - Natürlich Werner...
Wir ließen diesen schönen und spannenden Tag auf der Dachterrasse unseres Hotels mit seinem kleinen Pool und einem traumhaften Ausblick über die Stadt bei einer Flasche Rotwein ausklingen.
Am nächsten Vormittag (Samstag, 04. Januar 2020) fuhren wir dann zum Hafen, an den Pier, an dem die „Star“ von Norwegian Cruise Line vor Anker lag. Dort herrschte ein heilloses Durcheinander. Wir standen zwischen Hunderten von Menschen, die alle darauf warteten, dass ihre Nummer aufgerufen würde. Die Personaldecke von Seiten der argentinischen Hafenbehörden war einfach zu dünn, zumal auch gleichzeitig die Gäste der „Costa“ abgefertigt werden mussten. Nach circa zwei Stunden betraten wir dann endlich unsere schön Balkonkabine.