Beiträge von Joean

    Sonntag, 20.03.22 – Terceira, Hafen Praia da Vitoria


    Für den heutigen außerplanmäßigen Aufenthalt auf Terceira bietet Nicko-Cruises folgende Möglichkeiten an:


    1. Jeep Tour (analog Samstag) für 135,- € Dauer: 4 Stunden

    2. Panoramafahrt über die westlichste Azoreninsel (die ja eigentlich die zentrale Insel ist) für 55,- € Dauer: 4 Stunden

    3. Historischer Rundgang durch Angra, ebenfalls 4 Stunden (mit An- und Abfahrt) für satte 79,- € der Spaziergang


    Bei der Jeep-Tour und bei der Panoramafahrt werden Ziele angesteuert, die wir gestern auch schon gesehen haben. Also ziemlich uninteressant für uns, das Ganze. Alternativ gibt es einen Shuttle von der Pier hinein nach Praia da Vitoria.

    Für die ca. 4 km in den Ort soll man pro Stecke! 8,- € bezahlen. Die Spritpreise lagen Mitte März noch nicht annähernd so hoch, wie sie heute sind, aber 16,- € pro Person für hin und zurück finde ich… nennen wir es mal: ambitioniert.


    Bei einer meiner Runden auf Deck 6 treffe ich auf Sebastian, einen Mitarbeiter von Nicko-Cruises, verantwortlich an Bord für die Kreuzfahrtberatung und Neubuchung von Folgereisen.

    Als ich ihn auf das Thema der Shuttlepreise anspreche, meint er nur: „Ja, wir haben uns auch gewundert.“

    Wenn ich mich wundere, mag das ja noch angehen. Aber das Nicko sich auch nur wundert und nicht versucht, etwas dagegen zu setzen, finde ich dann doch irgendwie wieder nickomäßig.


    Dazu kommt noch, dass das Wetter heute wirklich gruselig ist. Entweder es regnet oder es windet, vorzugsweise beides gleichzeitig. Schließlich vergammeln wir irgendwie den Tag an Bord. Das Interessanteste an diesem Tag war noch die Möglichkeit der Kabinenbesichtigung.


    Da wir ja auf unserer Reise nur rd. 360 Hanseln waren, das Schiff aber ungefähr 1.000 Leute fasst, standen natürlich jede Menge Kabinen leer. Für das Platzangebot des individuellen Passagiers war das natürlich sehr angenehm.


    Die Kabinenbesichtigung war also genau mein Ding! Die Kabineneinrichtung und Größe interessierten mich dabei aber herzlich wenig. Viel mehr wollte ich wissen, ob es nur an unserem Fernseher lag oder ob es ein generelles Problem war. Im Nachhinein betrachtet hätte ich mir die Antwort selbst geben können.


    Das ich auf den Azoren keinen Fernsehempfang wie zu Hause erwarten darf, ist auch mir klar.

    Allerdings hatte ich zwischendurch schon mal aufgrund unserer eingeschränkten Unternehmungslust am heutigen Tage gehofft, dass ich stattdessen dann ein wenig Wintersportweltcupfinale am Osloer Holmenkollen im Fernsehen schauen könnte.

    Das scheiterte an zwei Voraussetzungen: erstens hatten wir kein ZDF, welches an diesem Wochenende den „Wintersportdienst“ im deutschen Fernsehen hatte, zweitens hatte unser Gerät ein ausgeprägt selektives Sprach- und Bildproblem.


    Dies hatten wir schon am Abend vorher bemerkt als auf dem Kanal wo sonst die Vorstellungsbilder der Offiziere durchliefen, dann der Anfang des „offiziellen“ Reisefilms in einer Dauerschleife zu sehen war. Wenn man denn was sehen konnte. Ein Bild, dass sich entweder in seine Pixel auflöst oder das nur halb zu sehen war (wahlweise nur die obere oder die untere Hälfte, nie aber nur die linke oder die rechte Seite!), ein Bild, auf dem auch mal weiße Streifen von oben nach unten durchliefen – es machte keinen Spaß.

    Noch schlimmer war die Sache auf dem Kanal, wo Nicko in Form einer Dauerwerbesendung in eigener Sache Reisefilme vergangener Fluss- und Hochseereisen laufen ließ.

    Hi… g..b .s auch ei… T…n. =O


    Interessanterweise gab es aber vom Anfang bis zum Ende dieser Reise einen Fernsehsender, der uns rund um die Uhr mit glasklarer Bild- und Tonqualität beglückte. Sonnenklar TV! :cursing:


    Meine Aufgabe für diesen Sonntagnachmittag war also klar gesteckt: Analyse der „Medienlandschaft“ Vasco da Gama.


    Im Ergebnis kann ich hier Erstaunliches kundtun:


    Alle auf Deck 5 zu besichtigenden Kabinen waren offensichtlich näher am Satelliten als ich mit meiner Kabine auf Deck 9. Deck-5-Kabinen haben zwar keinen Balkon, aber dafür eine durchaus akzeptable Bild- und Tonqualität des ZDF. Künftige Reisende sollten also zwangsläufig ihre Prioritäten gut abwägen!


    Deck-6-Kabinen bieten auch kein ZDF, aber dafür eine sehr gute ARD-Qualität gepaart mit einigen dritten Programmen. In den Suiten auf Deck 10 ist der Fernsehempfang genauso mau wie bei uns.


    Das alles bietet nun Raum für umfangreichste Spekulationen, wenn man das will.

    Die einzige Gemeinsamkeit, die alle TV-Geräte mitbringen ist die, dass d..r Ni..o-C..ises Dau..wer…f.lm in ei..r unterird…schen …lität läu.t und si. sich dam.. k..nen G..fallen t.n.


    Ach, bevor ich es vergesse:


    Das war übrigens das Wetter auf Terceira an diesem 20. März. Das Bild entstand so gegen 14:30 Uhr. ||



    Samstag, 19.03.22 – Terceira, Hafen Praia da Vitoria


    Auch für heute haben wir einen Ausflug gebucht: „Terceira an einem Tag entdecken“.

    Was entdecken wir?

    Außer, Nicole im Bus?

    Als erstes geht es mal zum Aussichtspunkt Facho mit der Marienstatue, von dem man aus einen schönen Blick auf die Vasco da Gama und auch auf den Ort Praia da Vitoria hat.





    Dann geht es weiter zur Serra do Cume, einem Aussichtspunkt vom dem aus einem eine der größten Calderas der Azoren zu Füßen liegt. Das Wetter hat sich inzwischen etwas gebessert.









    Anschließend geht die Fahrt weiter zum „Hausvulkan“ von Angra de Heroismo, dem Monte Brasil mit seiner Festung. Leider haben wir nicht die Zeit hier einen ausgiebigen Spaziergang zu unternehmen. Die Zeit reicht leider nur für ein paar kurze Fotos und einen Blick auf die Stadt Angra.




    Danach geht es weiter hinunter in die Stadt Angra. Im Schnelldurchlauf über den Markt und dann runter an den Hafen zur Kirche Igreja da Misericordia.






    Nächster Punkt ganz wichtig! Mittagessen.

    In einem kleinen Lokal an der Südküste mit Blick auf die Ilheus das Cabras wird uns ein Nationalgericht der Azoren serviert: Alcatra. Ein Rindfleischgericht, gwürzt mit Chilli, Lorbeer, Knoblauch, Speck und Zimt, gekocht in Rotwein. Butterzart und sehr sehr lecker.


    Der Ausblick von diesem kleinen Lokal auf die Ilheus das Cabras



    Weiter geht es anschließend zur Algar do Carvao – einer riesigen Vulkanschlothöhle, in die man über Treppen rd. 100 Meter hinabsteigen kann. (Leider muss man die 100 Meter dann auch wieder rauf.)

    Entstanden sein soll die riesige Höhle vor ca. 3200 Jahren nach dem Ausbruch des Pico do Carvao und nachdem die Magma dann wieder abgeflossen war.


    Wir stehen nun also sozusagen mitten im Inneren eines Vulkans.





    Den Abschluss des Tages bildet dann die Fahrt an die Nordseite der Insel zur Bucht von Biscoitos. Hier ist die Lava bis ins Meer geflossen und direkt am Strand zu bizarren Wellenbrechern erstarrt.







    Danach bringt uns der Bus wieder zurück an die Pier nach Praia da Vitoria. Der Ausflug war mit 115,- € pro Person wirklich alles andere als preiswert, aber sehr abwechslungsreich und interessant.


    Abends gehen wir mal wieder im Lidobistro auf Deck 11 essen. Hier gibt es eine sog. Schnitzstation, d.h. hier wird dem Gast von einem großen Braten frisch runtergesäbelt und die Beilagen kann er sich dann selbst aussuchen.

    Heute gibt es ein rosa gegartes Roastbeef. Leider ist das Fleisch kalt und leider kommt mir das bekannt vor, denn vor zwei Tagen gab es Spanferkel und das war ebenso kalt. Auch bei den anderen Speisen (Gemüsen und Beilagen) war mir das schon mehrfach unangenehm aufgefallen und als ich dann die Küchenchefin, xxxAdmin (Datenschutz)xxx, entdecke, spreche ich sie darauf an.


    Ihre Antwort zieht mir fast die Schuhe aus. Ja, es täte ihr leid und sie hätte das schon öfter gehört, aber das hier wäre ja immerhin ein altes Schiff. Die Wärmelampen von oben würden eben nicht ausreichen, die Speisen dauerhaft warm zu halten und über Wärmeplatten würden die Buffets nicht verfügen. Sie würde es aber nochmal weitergeben, bei ihr heißt das „reporten“.


    Tatsächlich gibt es ja wohl Vorschriften, wie warm Speisen auf einem Buffet zu halten sind. Das Bundesinstitut für Risikobewertung empfiehlt 65° - 75° Grad.


    Von denen sind wir hier mindestens 25° Grad entfernt! Bei diesem Vorgehen würde jedes Restaurant in Deutschland von den Behörden schneller geschlossen, als die Betreiber das Wort „Nicko“ aussprechen könnten!


    Ich weiß, dass @Isuledda99 vom Essen im Bedienrestaurant begeistert war, aber dort bekommt der Gast (mehr oder weniger) auch direkt aus der Küche serviert und hier fristet das Gericht sein Dasein unter einer funzligen Wärmelampe. Ein absolutes NoGo!


    Als zusätzlichen Hohn empfinde ich dann auch noch die Schilder auf den Tresen des Lidobuffets auf denen vor dem Verzehr von nicht durchgegarten Speisen gewarnt wird. Vor schlechter Laune beim Verzehr kalter Braten warnen sie leider nicht. Ab diesem Zeitpunkt nutze ich dann die Wok-Station im Buffetrestaurant. DIE Gerichte sind auf jeden Fall heiß.

    Freitag, 18.03.2022 – Sao Miguel Island (die zweite)




    Wenigstens gut schlafen können wir an Bord. Bei unserer Rückkehr gestern Abend auf die Kabine fanden wir einen Zettel vor, auf dem die beiden Ausflüge standen, die man heute aufgrund des außerplanmäßigen Stopps auf Sao Miguel hätte machen können. Nochmal halbtags nach Sete Cidades oder einen Ganztagesausflug zum Furnas-See für 99,- €.


    Allerdings wird das Wetter auf der Nordseite der Insel als sehr regnerisch angekündigt und in Ponta Delgada (Südseite) soll sogar mal die Sonne rauskommen.


    Nach 10:30 Uhr gehen wir dann von Bord um uns etwas die Stadt Ponta Delgada anzusehen, von der wir gestern ja so überhaupt nichts mitbekommen haben. Also geht’s erstmal zum Stadtor Portas da Cidade und von da aus weiter Richtung Mercado.



    Der ist leider z.Zt. eine einzige Baustelle und findet aktuell wohl in so einer Art Tiefgarage statt. Ziemlich dunkel und gruselig, das Ganze. Zumindest können wir ein paar Mitbringsel in Form von Azorentee erwerben.


    Ohne Voranmeldung machen wir uns dann auf den Weg zur Gruta Do Carvao, eines Lavatunnels, der sich knapp unterhalb der Schnellstraße mit einer Länge von ungefähr 2 Kilometer gebildet hat. Leider haben wir Pech und es sind keine Termine mehr frei. Zumindest sind wir ordentlich ins Schwitzen gekommen und haben eine Menge von Ponta Delgada gesehen. Wieder zurück auf Meeresniveau setzen wir uns in ein Kaffee an der Strandpromenade und lassen den lieben Gott einen guten Mann sein.



    Zurück auf dem Schiff finde ich auf der Kabine einen Brief vor, in dem mir mitgeteilt wird, dass meine für Montag gebuchte Walbeobachtungstour auf Lajes do Pico abgesagt wird.


    Außerdem gibt es einen neuen Zettel für die Landausflüge. Diesem Zettel – und erst mal nur diesem Zettel – entnehme ich, dass wir - entgegen der eigentlichen Routenplanung - auch auf Terceira ebenfalls Overnight liegen werden.


    Zu diesem Zeitpunkt unserer Reise sind also die geplanten Anläufe schon mal von 6 auf 4 Inseln geschrumpft. Die Inseln Graciosa und Sao Jorge sind jetzt schon mal ersatzlos gestrichen.


    Damit haben sich ein Drittel meiner Gründe, diese Reise überhaupt zu buchen, in Luft aufgelöst.


    Für den zweiten Liegetag auf Terceira (Sonntag, 20.03.) werden nun drei Ausflüge angeboten, die es so aber auch schon am 1. Liegetag (Samstag, 19.03.) gibt.


    Um 17:00 Uhr folgt dann eine kurze Info des Kreuzfahrtdirektors.

    Als Begründung für den erneuten Overnight auf Terceira wird von ihm (natürlich) das Wetter angeführt, verbunden mit der Tatsache, dass man auf Terceira "so schön an der Pier liegen" kann.

    Und dann kommt ein Satz, dem die meisten Reisenden wahrscheinlich keine große Beachtung geschenkt haben werden. Ich aber bin nun grundmisstrauisch.


    „Den Höhepunkt des schlechten Wetters erwarten wir am Samstag (19.03.). Danach werden wir entscheiden, wie es mit den anderen Inseln weitergeht.“


    Übersetzt heißt das für mich, dass es also auch durchaus die Möglichkeit gibt, dass wir Pico und Fajal gar nicht anlaufen.


    Ich habe inzwischen Kontakt per Mail zu der Firma mit der Walbeobachtungstour auf Pico aufgenommen. Sie antworten mir, dass sie keine Probleme damit hätten, am Montag, (21.03.) auf Tour zu gehen. Die Wettervorhersagen seien so schlecht nicht. Sie bräuchten aber von mir eine Mindestteilnehmerzahl.


    Seltsam. :/

    Und Nicko-Cruises sagt diesen Ausflug schon am Freitag ab und begründet es mit dem Wetter?

    Ich denke, es bestätigt meine schon oben geäußerte Befürchtung, dass schon zu diesem Zeitpunkt für Nicko-Cruises feststeht, dass wir auch Pico nicht anlaufen werden.

    Nur – traut sich das noch keiner den Passagieren offen zu sagen.


    Aber es kommt noch besser. Und ich hatte in den folgenden Tagen jede Menge Zeit, dieses Knäuel aufzudröseln.


    Gehen wir also zeitlich noch mal kurz zurück, um dann etwas vorzugreifen:


    Zwei Wochen vor Reisebeginn wurden wir von Nicko-Cruises darüber informiert, dass die Anläufe der Häfen Fajal (geplant: Montag, 21.03.) und Pico (geplant: Dienstag, 22.03.) getauscht werden. Vorab über Nicko-Cruises gebuchte Landausflüge würden automatisch auf den neuen Anlauftag umgebucht.


    Neue Reihenfolge also: Montag, 21.03.: Pico und Dienstag, 22.03.: Fajal.


    Soweit so gut. Wir nahmen das zu diesem Zeitpunkt zur Kenntnis ohne es weiter zu hinterfragen.


    Mein Mann wollte auf Pico den Ausflug „Vulkane und mehr“ machen. Bei diesem Ausflug sollte auch die Gruta das Torres besucht werden, die größte Lavaröhre Portugals.


    Wie wir inzwischen herausgefunden haben, änderte die Höhle Anfang des Jahres ihre Öffnungszeiten. Aufgrund der Pandemie auch monatelang geschlossen, ist nun wieder von Dienstag bis Samstag offen. Sonntags und Montags bleibt die Höhle erstmal weiterhin geschlossen.


    Und jetzt nochmal für alle: Die Höhle ist auf Pico und Montags ist sie zu. Und wenn sich Nicko einfallen lässt, Pico nun Montags anzulaufen, dann folgt im Umkehrschluss, dass der Ausflug nicht wie beschrieben wird stattfinden können, weil die Höhle nicht offen sein wird. Logo, oder?


    Trotzdem wird dieser Ausflug auf dem Schiff noch aktiv beworben und mir z.B. als Alternative zu meinem Walausflug angepriesen.


    Wie finde ich das? Nickomäßig!


    Donnerstag, 17.03.2022 - Sao Miguel Island Teil 2


    Nicole macht uns im Bus einen Vorschlag.

    Da wir nach ihrer Meinung gut in der Zeit liegen, schlägt sie vor, dass der Busfahrer uns an der Strandpromenade des Ortes rauslässt und wir einen schönen Spaziergang am Strand, Richtung Ort bis zum für das Abendessen gebuchten Restaurant machen.

    In Ribera Grande soll es eine Likörfabrik und eine Schokoladenmanufaktur geben, die wir aufgrund unseres „Zeitvorsprungs“ noch besuchen könnten. Ein guter Vorschlag, der allgemein viel Anklang findet.


    Es ist jetzt ungefähr so gegen 16:45 Uhr und einige der Damen hatten im Dorf Sete Citades nicht die oben erwähnte architektonisch anbetungswürdige Sanitäroffenbarung entdeckt.

    Dementsprechend pressiert es bei Ihnen mächtig und gerade als wir unseren Spaziergang am Strand starten wollen, erregt ein kleines Kaffee an der Promenade die Aufmerksamkeit besagter Damen.


    Leider besteht ein gewisses Missverhältnis zwischen der Anzahl der dort verfügbaren Schüsseln (1) und der, der bedürftigen Damen (9).

    Und so kommt es dann, dass der komplette Rest-Bus sich geschlagene 31 Minuten diese Wellen ansehen darf.


    Und warum soll es euch eigentlich bessergehen als mir!






    ... ca. 25 Minuten später:


    Blase an Großhirn: „Also am Anfang wollte ich ja nichts sagen, aber das waren jetzt schon viele Wellen, gelle?“

    Großhirn an Blase: „Und???“

    Blase an Großhirn: „Also – ich meine: viel Wasser, so im Allgemeinen.“

    Großhirn an Blase: „Vergiss es!!!“

    Blase an Großhirn: „… und ständig dieses Rauschen dazu!!!“

    Großhirn an Blase: „Denk einfach an was anderes!!!“

    Kurz bevor das Großhirn wieder auf stumm schaltet, hört man entfernt im Hintergrund noch die Leber singen. „Ich krieg bald Rumm, Rumm, Rumm. Dann verdurst ich nicht.“

    „Das ist Likör, du Schnapsdrossel!“

    „Ist doch egal gal gal. Ich verdurste nicht.“, die Leber lässt sich ihre Laune heute von rein gar nichts mehr verderben.


    So gegen 17:30 Uhr machen wir uns dann auf den Weg in den Ort.











    Vorbei an der Igeja Matriz (Kirche) und der achtbogigen Brücke Ponte dos Oito Arcos überqueren wir den Fluss und stehen pünktlich um 18:05 Uhr vor dem Mulher do Capote, einer traditionellen Likörmanufaktur.


    Sieht irgendwie…


    „Oh, das ist aber schade.“, sagt Nicole nur.




    Leber an Augen, Leber an Augen: „Was meint sie damit? Los, sagt schon!“

    Augen an Leber: „Äh, wir trauen uns nicht!“

    Leber an Blutdruck: „Wenn du nicht gleich auf 180 gehst, dann mach ich das!“

    Blutdruck an Leber: „Du musst jetzt ga.. ga.. ganz stark sein, Kl..Kl..Kleiner.“

    „Issszzzzu.“, flüstern die Augen leise.

    Leber an Augen: „Könnt ihr mal das Nuscheln aufhören?“

    Augen an Leber: „Also gut. Du willst es ja nicht anders. ES IST ZU. Kapierst du es jetzt?“


    Während dieser ganzen Diskussion hat (nicht nur) mein Mann mal kurz das Handy befragt und kann nun stolz verkünden: „Im März macht er noch um 18:00 Uhr zu.“


    Das hätte die gute Nicole (von der ich ja immer noch der Meinung bin, dass sie Nico hieße) auch goog… können, sag ich mal.

    Können müssen, bin ich der Meinung, je länger ich darüber nachdenke.


    Das allein bleibt aber nicht die einzige schlechte Nachricht. Auch der Schokoladenladen wird dann wohl inzwischen zuhaben, meint sie noch und schlägt vor, dass wir dann wohl doch besser jetzt das Restaurant für das Abendessen suchen werden.


    Wie? Suchen werden?

    Sie tippt auf ihrem Handy und dann laufen wir los. Genaugenommen irren wir mehr als das wir laufen. Der Moment als Nicole es schafft, ihren Blick vom Handy zu lösen ist der, als sie ein paar letzte Passanten auf der Straße nach dem Weg zum Restaurant fragt.


    Letztlich findet sie es – nur leider ist es verschlossen.




    Eine gute Zigarettenlänge später telefoniert sie immer noch und klopft dabei unermüdlich gegen die Tür. Im Inneren regt sich nichts. Auch die Tische sind nicht eingedeckt, soweit wir durch die Fenster erkennen können. Und hier sollen wir richtig sein?


    Plötzlich geht eine Pforte neben der Eingangstür auf und ein älterer Herr erscheint. Wir seien schon da? Er hätte uns erst gegen 18:30 Uhr erwartet. Guter Mann, es ist IST 18:30 Uhr. Inzwischen jedenfalls. Pforte wieder zu. Er verschwindet.


    Nicole – von der ich inzwischen ziemlich überzeugt bin, dass sie Nico heißt, telefoniert wieder mit Ihrem Kollegen des 2. Ausflugsbusses und verkündet uns dann: „Der zweite Bus kommt auch in ungefähr 15 Minuten hier an. Die sind im Moment noch im Schokoladenladen.“


    Nee, oder!


    Eigentlich müsste ich an dieser Stelle schreiben, dass mir dafür echt die Worte fehlen.

    Aber das stimmt nicht. Im Gegenteil.

    Ich erschaffe gerade ein Neues.


    In Zukunft – wenn irgendetwas mal wieder so richtig unorganisiert läuft, wenn die linke Hand nicht weiß, was die rechte tut und wenn es sie auch nicht interessiert und wenn dann beide Hände unabhängig voneinander beschließen, dass sich um dieses Problem doch eigentlich auch die Füße kümmern könnten, dann läuft etwas „nickomäßig“.

    Das ist künftig meine persönliche Beschreibung für desinteressiertes Chaos.


    Inzwischen hat es der Besitzer des Restaurants unter Mithilfe der kompletten Familie geschafft, die Tische zu decken und ein Buffet hinzustellen. Was dort alles angeboten wird, kann ich nicht sagen – es wird nicht erklärt.


    Unsere Mitreisenden aus Bus Nr. 2 unterrichten uns darüber, dass die Vasco da Gama entgegen dem ursprünglichen Routenverlauf auch morgen noch in Ponta Delgada bleiben wird. Der für Freitag, 18.03. geplante Anlauf auf Terceira würde entfallen.


    Ist das jetzt ein Gerücht? Wir löchern Nicole ein wenig und letztendlich bestätigt sie, dass die Information mit dem Overnight auf Sao Miguel stimmt. Sie wisse es schon eine ganze Weile von ihrer Kollegin, durfte aber nicht darüber reden.


    Ohne Worte!


    Ende Teil 2

    Donnerstag, 17.03.2022 – Sao Miguel Island

    Teil 1 dieses Tages


    Da MS Vasco da Gama aufgrund des Streiks in Deutschland den Lissaboner Hafen erst am Dienstagvormittag (statt am Montagabend) verlässt, verschiebt sich die Ankunft auf der ersten Azoreninsel ebenfalls um einen halben Tag.


    Wir haben für diese Insel vorab einen 7stündigen Ausflug incl. Mittagessen gebucht und wurden darüber informiert, dass sich an der Durchführung des Ausfluges nichts ändern wird – das Mittagessen wird einfach in ein Abendessen umgewandelt. Fertig.

    Dagegen ist erst mal nicht zu sagen.


    Vormittags kann ich dann an einem Einführungsvortrag über die Azoren bei Lektor Constantin Elfe teilnehmen – auch nicht schlecht.


    Ich lerne, dass die Inselgruppe der Azoren immer noch im Nordatlantik liegt – ganz einfach deshalb, weil sie sich nördlich des Äquators befindet – alles Nordatlantik.

    Die Luftlinie zwischen der Insel Flores (der westlichsten Insel) und Santa Maria (der östlichsten Insel) beträgt immerhin satte 600 km.

    Liegt also alles gar nicht so nah beieinander, wie ich immer dachte. Bis nach Lissabon zurück sind es aktuell knapp 1.400 km und die nächste Landverbindung westwärts wäre dann St. Johns auf Neufundland in 1.900 km Entfernung. Bis nach New York sind es immer noch unglaubliche 3.900 km!


    All diese Informationen zusammen – ergänzt durch das aufmerksame Lesen des Ausflugsprogramms führt bei einigen Passagieren zu Verwirrung.

    Im Ausflugsprogramm von Nicko wird nämlich die ziemlich zentral gelegene Insel Terceira als westlichste Azoreninsel bezeichnet.

    Wundert uns das noch?


    Weil wir nun aber schon mal bei Terceira sind erfahren wir gleich noch einiges Wissenswerte über diese (zentral gelegene) Insel.

    Sie diente im zweiten Weltkrieg der US-Flotte als Nachschubhafen.

    Dafür wurde auf Terceira damals bereits eine 3.500 Meter lange Start- und Landebahn gebaut und bis heute instandgehalten.

    In den 1980er Jahren diente sie außerdem als Ausweichflughafen für das Spaceshuttle.


    Überhaupt sind die Azoren mit ihrer Lage so mitten im Nordatlantik aus Sicht der großen Mächte und ihrer Wirtschaft alles andere als abgelegen. Bereits in den 1930er Jahren war Horta auf der Insel Fajal Zwischenstation der damals zwischen Amerika und Lissabon bzw. Marseille verkehrenden Flugboote der Firma PanAm.


    Und das Unterseekabel zwischen Borkum und New York machte ab 1920 ebenfalls auf der Azoreninsel Fajal Station.


    Mit derlei Informativem vergeht der Vormittag ziemlich zügig und wir erreichen den Hafen von Ponta Delgada auf der Insel Sao Miguel um die Mittagszeit.


    Hach, ist das schön. Endlich wieder Neues entdecken – ferne Welten, die nie zuvor ein Menschen geseh… - Na gut, lassen wir das.


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    Wir haben uns heute für den Ausflug „Wunder der Azoren“ entschieden. Unser Guide wird Nicole sein.

    Nicole ist Niederländerin und wohnt seit rd. dreißig Jahren auf den Azoren.

    Als sie sich in unserem Ausflugsbus vorstellt, verstehe ich erst, sie würde „Nico“ heißen.

    Was natürlich nur daran liegt, dass die Niederländer kein ordentliches „l“ sprechen können, weil sie es stattdessen immer als gurgelnden Laut in der Kehle verschlucken.


    Ich verstehe also, sie heißt Nico. Passt ja, denke ich mir. Wie Recht ich damit haben sollte, wird mir am Ende des Tages klar sein.


    Als erstes geht es mal in den westlichen Teil der Insel. Dort liegen die Sete Cidades – zwei Seen in einem Vulkankrater. Es wird damit geworben, dass der eine dieser Seen blau der andere grün leuchtet. Dafür muss es aber eine bestimmte Sonneneinstrahlung haben, ansonsten sehen sie so aus wie bei uns.



    Immerhin stehen wir hier am Miradouro Vista do Rei nicht in den Wolken. Das kann hier in einer Höhe von 550 Metern durchaus vorkommen und führte dazu, dass das direkt danebenliegende Luxushotel schon vor vielen Jahren pleiteging.


    Anschließend fahren wir weiter in das gleichnamige Dorf Sete Citades. Dort haben wir 45 Minuten Zeit um die kleine Kirche zu besichtigen. Das ist nach knapp 10 Minuten ausgiebig erledigt. Und nun?





    Ansonsten ist hier wenig bis nichts los. Das Beeindruckendste ist noch die öffentliche Toilette des Ortes.


    Blase an Großhirn: „Ich bin schwer und ich bin begeistert. Wäre es möglich, diesem Bauwerk etwas mehr Aufmerksamkeit zu widmen?“

    Großhirn an Blase: „Hast du was genommen? Drückst dich doch sonst nicht so gewählt aus!“

    Blase an Großhirn: „Ja, mit ausdrücken war‘s was!“





    Auf dem Weg Richtung Lagoa do Fogo halten wir noch an einem anderen Aussichtspunkt an. Leider ist es hier sehr neblig.


    Dafür ist es dann am See Lagoa do Fogo sehr windig, so dass ein kurzer Fotostopp genügen muss.



    Weiter geht es für uns Richtung Ribeira Grande an der Nordküste der Insel Sao Miguel. Ribeira Grande ist nach Ponta Delgada die zweitgrößte Stadt der Insel.



    Ende Teil 1

    YankeeZulu1

    Sinngemäß war die Aussage des deutschsprechenden Nicko-Cruises-Mitarbeiters: Es täte ihm leid, der Streik sei doch sehr kurzfristig gekommen, deshalb sei ja auch die Liegezeit im Hafen von Lissabon bis Montagmittag verlängert worden um so allen Gästen die Möglichkeit zu geben, das Schiff zu erreichen. Es sei ja auch die erste Reise nach einer coronabedingten "Auszeit" des Schiffes von rd. 2 Wochen. Wie froh doch alle seien, jetzt endlich wieder Gäste an zu haben...

    Auf unsere konkreten Erlebnisse wurde nicht eingegangen - Letztendlich eine Antwort wie aus dem Kundenhandbuch für Beschwerdemanagement: runterbrechen, Verständnis heucheln, viel - sehr viel- reden, nichts sagen - vor allem: nichts zusagen.

    Dienstag + Mittwoch, irgendwo auf dem Atlantik zwischen Lissabon und Sao Miguel


    Wir machen, was man an Seetagen so macht. Wir sehen bei den Dreharbeiten für diese portugiesische Telenovela etwas zu, erkunden das Schiff und versuchen die Sache mit den Ausflugstickets zu klären. Auch das ist schwierig, denn die damit betreuten Kräfte sprechen leider nur bruchstückhaft deutsch. Insbesondere wenn mein Mann und ich auf Lajes do Pico getrennte Wege gehen wollen (er Lavahöhle, ich Walbeobachtung), dann wird es ein Problem. Nur mit Mühe lässt sich der junge Kollege jenseits der Scheibe davon überzeugen, dass er mir nicht den gleichen Ausflug bucht, den mein Mann bereits macht.


    Auch bei einem Mitarbeiter von Nicko-Cruises sprechen wir nun erstmals vor und berichten über unsere Eindrücke.


    Das Wetter ist schön, etwas windig aber sonnig. Wie gemacht für einen Cappu am Heck des Schiffes, denken wir uns.

    Irgendwo auf dem Decksplan haben wir doch diese eine Außenbar gesehen, wo war das noch gleich?

    Ah, da steht‘s ja. Lidodeck 11 – Oasis Bar.

    Schön verzeichnet auf den überall hängenden Plänen und auch gekennzeichnet in allen Fahrstühlen.


    Nun ja.

    Mit der Oasis Bar verhält es sich offensichtlich wie mit dem Bahnsteig 9 ¾ bei Harry Potter.

    Für Muggel ist sie unsichtbar.


    Auf dem Weg nach achtern Deck 11 haben wir uns schon zweimal festgelaufen.

    Nach achtern kommt man auf Deck 11 nur durch das Lidobistro. Dieses hat dort zwei Ausgänge, steuerbord und backbord.

    Die Backbordtür ist leider komplett verschlossen.

    An der Steuerbordtür werkeln zwei Matrosen.

    Wenn man also ein gutes Kaffeegetränk an der frischen Seeluft – wegen der wir ja unter anderem hier sind – genießen will, dann bleibt einem nur folgender Weg: Mittschiffs beim Cappucino’s einen Kaffee to go bestellen. Dann eine gleich dort befindliche versteckte Wendeltreppe nach oben, dort kommt man dann am Ende des Schiebedachs bzw. am Anfang des Sportdecks raus, über das Sportdeck drüber, am Kinderland vorbei und dann wieder eine Treppe runter.


    Dann ist man wieder auf Deck 11, jenseits vom Bistro und kann sich an den dort aufgestellten Tischen in die Sonne setzen. Wenn man einen freien Tisch findet. Da hier kein Service stattfindet (weil ja die Kellner auch nicht durch die geschlossene bzw. durch die kaputte Tür kommen), haben die Passagiere einen Tisch zum „Mülltisch“ auserkoren. Alles Geschirr, welches die Leute auf welchen Wegen auch immer hierhergeschleppt haben und alle Becher, die im Laufe des Tages so ausgetrunken wurden, stapeln sich dort.

    Wenn ich es mal vorsichtig ausdrücken soll, dann würde ich sagen, es ist zumindest unansehnlich.



    Zwischendurch sehe ich bei einer unserer Runden auf Deck 6 nochmal Tümmler am Bug des Schiffes spielen.

    Es sollten die letzten wilden Tiere sein, die ich auf dieser Reise sehe – aber das weiß ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

    Gut – dafür kann Nicko nicht!

    Oder vielleicht doch???

    Spannender Spoiler zum Fazit…

    Hallo Flavia,


    da möchte ich meer(er)leben absolut Recht geben!


    Wir sind im Laufe der Jahre 9x mit Phönix unterwegs gewesen - so etwas haben wir dort niemals erlebt.

    Ganz im Gegenteil: Alles, was bei Phönix irgendwie Füße hat, kümmert sich am An-/Abreisetag um die Gäste. Allerspätestens stehen am Eingang zum Terminal die ersten Gastgeber von Phönix. Auch so ein Ton wäre dort absolut undenkbar.


    Die Unterschiede beim Check-In von Phönix und Nicko-Cruises könnten größer nicht sein.


    Also: für künftige Phönix-Reisende: auf gar keinen Fall unsere Erlebnisse bei Nicko auf andere Reedereien projizieren!

    Damit würde man gerade Phönix wirklich Unrecht tun!

    Montag, 14.03.2022 – Anreise nach Lissabon oder „Das richtig dicke Ende.“ Teil 2



    Es ist schon fast halb sechs, als wir zusammen mit 6 anderen Mitreisenden endlich im Shuttlebus Richtung Terminal fahren.


    Aber: das richtig dicke Ende kommt ja erst noch!


    Ausgespuckt vor dem Terminal Jardim do Tabaco streben wir – mangels anderer Alternativen – zielgerichtet auf die Sicherheitskontrolle zu.

    Wer wir denn seien? Und vor allem: wo seien unsere Bordkarten?, werden wir gefragt.

    Zu diesem Zeitpunkt bin ich bereits seit 14 Stunden auf den Beinen und meine Lust auf solcherart Diskussionen bewegt sich in sehr engen Grenzen.

    Wenigstens ein Mitarbeiter von Nicko-Cruises wäre an dieser Stelle im Terminal hilfreich gewesen. Fehlanzeige.


    Ein ordentlicher Voucher war ja nicht Bestandteil dieser Download-Reiseunterlagen, genauso wenig wie z.B. Kofferanhänger. Mit den ersten zwei Seiten der Unterlagen, auf denen glücklicherweise das Schiff abgebildet war, mit der zweiten Seite auf denen netterweise unsere Namen standen, in Kombination mit unseren Pässen können wir die Angestellten davon überzeugen, dass wir ein berechtigtes Interesse an der Durchleuchtung unserer Körper und unseres Gepäcks haben.


    Boa Viagem! Und das richtig dicke Ende kommt nun unaufhaltsam auf mich zu!


    Wobei, dies ist falsch ausgedrückt. Eigentlich ist es so, dass ich drauf zulaufe.


    Nach der Sicherheitskontrolle im Terminal sind wir samt unseren Koffern wieder uns selbst überlassen. Wir sehen intelligent genug aus, als dass wir den Weg zum Schiff nun selbst zu finden in der Lage sind. Gut, unser Kahn unterscheidet sich auch schon äußerlich von der mit uns Hafen liegenden Queen Elizebeth von Cunard. Das sollte also zu schaffen sein.


    Aus unserer 8-Mann-Shuttle-Truppe sind wir die Letzten, die nun am Fuß der Gangway stehen, über die man endlich auf die Vaso da Gama kommt.

    Oben am anderen Ende der Gangway steht eine Mitarbeiterin des Security-Personals des Schiffes. Sie winkt einladend mit den Armen. Wir sollen hochkommen. Das ist allerdings das einzig Einladende an dieser Situation.

    Ein Offizier, der gelangweilt am Heck der Vasco da Gama steht, ist der einzige Mensch außer uns weit und breit. Ansonsten ist niemand zu sehen. Nicht von Nicko, nicht vom Schiff, kein Matrose, der sich ums Gepäck kümmern würde.


    Und jetzt – genau jetzt - fasst das dicke Ende mir mit beiden Händen so richtig an den Hintern!

    In 23 Kreuzfahrtjahren musste ich noch niemals – und ich betone: NIEMALS! – meinen scheiße schweren Koffer über eine scheiße steile schmale zwölf Meter lange Gangway selbst aufs Schiff schleppen.


    „Äh, Enddarm an Großhirn, Enddarm an Großhirn! Tut mir leid – ich war gerade nicht ganz auf der Höhe. Kann es sein, dass ich meinen Namen gehört habe?“

    Rückgrat an Enddarm: „Halt die Klappe! Ich brech hier gleich durch und du kriegst wieder mal nichts mit!“

    Enddarm an Rückgrat: „Tschuldigung!“


    Rückgrat an Augen: „Wie lange noch?“

    Augen an Rückgrat: „so ungefähr zwölf.“

    Rückgrat an Augen: „Was – zwölf! Mit sowas kann ich nicht arbeiten! Meter oder Stufen?“

    Blutdruck an Rückgrat: „Zwö….Zwö…Zwölf Tage bis wir wieder nach Hau… Hau…Hause dürfen.“


    Lunge an Rückgrat: „Könntet ihr mal aufhören, euch zu streiten! Ich pfeif hier echt auf dem letzten Loch.“

    Blase an Großhirn: „Wie wärs denn, wenn ich auch durchbreche?“

    Großhirn an Blase: „UNTERSTEH DICH!“


    Ich hab sowas von die Schnauze voll! Das kann sich gar keiner vorstellen!


    Oben angekommen ereilt uns das nächste organisatorische Trauerspiel. Die Koffer dürfen wir vorn gleich an der Luke abstellen. Dann sollen wir dort warten.

    Wie?

    Ich soll jetzt hier direkt in der zugigen Luke stehenblieben, während unsere 6 Shuttle-Kumpel weiter hinten stehen, wo es nicht so derart bläst?

    Vergiss es!

    Und wenn euch das nicht passt, könnt ihr mich ja wieder vom Schiff werfen. Würdet ihr mir sogar einen Gefallen mittun!


    Leber an Großhirn: „Zurück könnte sie sich ja auf den Koffer draufsetzen und damit die Gangway runterrutschen.“

    Großhirn an alle: „Klappe - hab ich gesagt!“


    Auch die anderen sechs Mitreisenden, die wir bisher kennen, sind sichtlich außer Atem, darunter zwei alleinreisende Damen über siebzig.

    Wir sind uns einig. So etwas haben wir alle noch nie erlebt.

    inige Minuten später taucht eine sichtlich schlecht gelaunte Dame mit Schnelltests in der Hand auf.

    Wieso wir denn im Inneren des Schiffes stehen würden und nicht draußen auf der Gangway?


    ‚Mädel, vielleicht schubs ich dich auch einfach! Dann kannst du statt meiner auf dem Koffer die Gangway wieder runterrutschen! Oder noch besser: Kurz bevor’s losgeht, zieh ich dir den Koffer unterm Hintern wieder weg!‘, denke ich.


    Großhirn an Mund: „Ruhig bleiben Alter, ganz ruhig bleiben!“


    Na gut. Wir kriegen also alle ins Näschen gebohrt und kurz danach liegen acht Schnelltests schön nebeneinander auf der Couch. Die Dame verschwindet.


    Und taucht auch nicht wieder auf.

    Zehn Minuten später beschließen wir, dass es nun reicht und spielen Schnelltest-Bingo. Jeder sucht sich einen aus, der ihm am besten gefällt.

    Jetzt spielt die Security-Dame ihre ganze Macht aus. Sie besteht tatsächlich darauf, dass wir uns alle wieder schön in einer Reihe auf der Gangway aufstellen, damit sie uns dann anhand unserer Pässe im Schiffssystem registrieren kann – Bordkarten haben wir ja immer noch nicht.


    Ich kann überhaupt nicht beschreiben, was in mir vorgeht.

    Diese komplette Abwesenheit von Freundlichkeit habe ich in der Form noch nie beim Betreten eines Kreuzfahrtschiffes erlebt. Ich fühle mich nicht wie ein willkommener – und zahlender! – Gast.

    Ich fühle mich wie ein Übel, das Aufwand verursacht.


    Dass an der Rezeption auch nur englisch gesprochen wird, dass unsere Kabine so kalt ist wie ein Eiskeller, dass die vorgebuchten Ausflugstickets nur für meinen Mann auf der Kabine bereitliegen, all das juckt mich heute überhaupt nicht mehr.

    Ich bin einfach nur durch.


    Ach, übrigens…

    Großhirn an Enddarm: „Tu, was du nicht halten kannst!“


    Die Leber hat ja eigentlich die Hoffnung schon aufgegeben, heute noch etwas zu trinken zu bekommen. Sie hat sich irgendwo im Bauchraum verkrochen und summt leise vor sich hin: „Könnt ihr mich hör’n durch Raum und Zeit? Folgt meinem Ruf! Ich schenke euch Unsterb….“

    Dann schläft sie erschöpft ein.

    Montag, 14.03.2022 – Anreise nach Lissabon oder „Das richtig dicke Ende.“ Teil 1


    geplanter Reiseverlauf: "Azoren intensiv" - Besuch von 6 Inseln


    17.03.22 Insel Sao Miguel, Azoren

    18.03.22 Insel Terceira, Azoren,

    19.03.22 Insel Graciosa, Azoren

    20.03.22 Insel Sao Jorge, Azoren

    21.03.22 Insel Lajes de Pico, Azoren

    22.03.22 Insel Fajal, Azoren

    24.03.22 Insel Madeira


    Um 03:40 Uhr klingelt der Wecker.

    Um 04:42 Uhr geht der zweite fahrplanmäßige Bus dieses jungen Morgens. Und ich hoffe, dass dies auch wirklich stimmt und der Fahrplan um diese frühe Stunde für alle Beteiligten noch etwas Verbindliches hat und mehr ist als eine grobe Handlungsempfehlung.


    Als wir um halb sechs am BER ankommen, ist dort schon gut was los. Die meisten Leute drängen sich um die einzig geöffnete Sicherheitsschleuse.


    Wir fragen an der Information erst mal nach dem Eurowingsschalter und bevor uns die Nulpe dort dann eine falsche Auskunft geben kann, muss er erst mal telefonisch bei einem Kollegen nachfragen. Da wo er uns hinschickt, sitzt zwar kein Eurowings, aber dafür die TAP, die nach 06:00 Uhr etwas verspätet nach Lissabon fliegen wird.


    Prima, denken wir uns – vielleicht können wir mit denen ja noch mit. War natürlich ein Irrtum. Aber die wissen zumindest, wo wir Eurowings finden können. Und bei Eurowings treffen wir auf Christian - nicht ahnend, dass das richtig dicke Ende erst noch kommen wird.


    Falls jemand von Eurowings hier mitliest: Euer Mitarbeiter Christian verdient mal ein richtig großes Lob! Mit einer Engelsgeduld telefoniert er mit seinen Kollegen landauf, landab auf den noch funktionierenden Flughäfen, welche Möglichkeiten sie denn hätten, uns heute noch nach Lissabon zu kriegen. Parallel dazu prüft er gleich noch, wie wir den angefragten Flughafen erreichen könnten.


    Um 06:10 Uhr hat er dann folgende Lösung für uns parat:

    06:17 Uhr die S-Bahn nach Südkreuz mit Ankunft dort um 06:58 Uhr

    07:11 Uhr der Sprinter nach Frankfurt, Ankunft am Hauptbahnhof um 10:56 Uhr

    11:06 Uhr mit dem ICE 573 bis zum Flughafen, Ankunft dort um 11:18 Uhr

    Um 13:15 Uhr startet von dort dann der LH-Flug 1168 nach Lissabon.


    Das nenne ich mal einen knappen Zeitplan! Da darf aber mal so gar nichts dazwischenkommen! Schon die 7 Minuten, um die S-Bahn am BER zu erreichen, sind verdammt tricky – noch dazu mit zwei 20kg Koffern.


    Aber wir kriegen das hin, nicht ahnend, dass das richtig dicke Ende erst noch kommen soll. Die Fahrt zum Südkreuz kann man dann mit dem Buchen einer zusätzlichen DB-Karte nach Frankfurt auf dem Smartphone verbringen. Für Zeit am Ticketautomaten ist das alles einfach mal zu knapp geplant.


    Aber kommen wir doch in der Zeit mal zurück zu meinen Vorstellungen, wie ICH mir eine Lösung von Seiten Nicko-Cruises vorgestellt hätte: Wieso schiebt Nicko die Verantwortung für den Transport des Reisenden so komplett von sich fort auf Eurowings? „Die müssen sehen, wie sie Sie nach Lissabon bringen.“, so war der Satz am Telefon gestern Abend. Aus meiner laienhaften Sicht ist es so, dass ich einen Vertrag mit Nicko-Cruises habe, die haben ja schließlich die Kohle für mein Anreisepaket kassiert. Also sollten – ebenfalls aus meiner laienhaften Sicht – die sich auch kümmern.


    Als eine Lösung hätte ich es empfunden, wenn mir die Stimme gestern Abend erklärt hätte, man hätte uns schon auf den Flug um 13:15 Uhr ab Frankfurt umgebucht.

    Als eine Lösung hätte ich es empfunden, wenn Nicko-Cruises mir dann gleich noch zwei neue RailandFly-Tickets für Frankfurt gemailt hätte.


    Vier Vorteile hätte es für den Reisenden, also mich, gegeben:

    1. Wir hätten nicht zu nachtschlafender Zeit sinnlos raus bis zum BER gondeln müssen.

    2. Wir hätten am Montagmorgen entspannt einen der Sprinter nach Frankfurt bestiegen.

    3. Wir hätten für die DB-Fahrkarte nicht in Vorleistung gehen müssen.

    4. Der Kunde – also ich - hätte das Gefühl gehabt, dass sich bei Nicko wirklich jemand „kümmert“.


    Wenn 24 Stunden nach Bekanntgabe des Streikaufrufes, die „Lösung“ von Nicko darin besteht, die Verantwortung komplett einfach auf jemand anders (Eurowings) abzuschieben und mir gleichzeitig tagsüber zweimal versichert wird, dass „an einer Lösung für alle betroffenen Reisenden“ gearbeitet wird, dann waren sie bei Nicko nach meiner Meinung mit ihrer Lösungssuche nicht sehr erfolgreich.


    Aber: das richtig dicke Ende kommt ja erst noch!


    Im Moment läuft alles ganz easy.

    S-Bahn pünktlich.

    Sprinter pünktlich.

    Die Check-In-Automaten in Frankfurt kennen den neuen Buchungscode für unseren Flug.

    Läuft!


    Was außerdem läuft, ist die Soße dieses völlig überteuerten Hotdogs, den ich mir am Gate noch leiste. Essen muss der Mensch, auch wenn Großhirn anderer Meinung ist.


    Zwischendurch telefonieren wir noch mit der Notfall-Hotline von Nicko-Cruises, um denen unsere neue Flugnummer und unsere neue Ankunftszeit für Lissabon mitzuteilen.


    In Lissabon um kurz nach halb vier (Ortszeit) gelandet spuckt der Flieger erst uns und dann unsere Koffer aus – alle beide.

    Läuft super!


    Dann aber laufen wir – und zwar auf der Suche nach einem Ansprechpartner von Nicko Cruises oder einem Shuttlebus.

    Nach knapp zwanzig Minuten Suchen und des intensiven Kennenlernens des Lissabonner Flughafens haben wir sie endlich entdeckt. Eine junge Frau – versteckt in der hintersten Ecke – mit einem Nicko-Schild(chen) in der Größe eines halben A4-Blattes.

    Sie ist von einer örtlichen Agentur und spricht nur englisch. Niemand hat sie darüber informiert, dass in Deutschland gestreikt wird. Auch die Informationen, wer jetzt neu mit welchem Flieger kommt, haben leider nicht den Weg bis zu ihr gefunden.

    Außerdem sei der Shuttlebus „busy at the moment“. „Some patience, please.“


    Frage:

    Wie definiert sich „Geduld“ auf portugiesisch?

    Antwort:

    Viertelstundenweise. Fünfmal, um genau zu sein.


    Die Leber rutscht in dieser Zeit vor lauter Langeweile immer ein Treppengeländer rauf und runter und grölt aus voller Kehle: „Wir sind gestrandet, kein Weg nach Berlin zurück, haben es aufgegeben, Lissabon ohne Glück…“

    Wie Recht sie doch hat!

    (Text mit Absicht etwas geändert)


    Teil 2 folgt gleich noch


    Sonntag, 13.03.2022 – Vortag der Abreise Teil 2


    Zur gleichen Zeit im Bauchraum:

    Das Großhirn sitzt natürlich am Kopfende des riesigen Konferenztisches.

    „Liebe versammelte Organschaft, ich danke euch, dass ihr euch um diese Zeit noch die Zeit genommen habt.“


    „Ja, das solltest du auch“, knurrt der Magen. „Immerhin habe ich noch mit dem Mörderschnitzel von vorhin zu tun!“


    „Wie ihr sicher bereits von den Nerven erfahren habt“, fährt das Großhirn unbeeindruckt fort und zeigt auf ein zuckendes Bündel dünner Fäden in der Nähe der Tür, „ist morgen für uns alle ein wichtiger Tag. Die Anreise nach Lissabon stellt uns vor große Herausforderungen, ganz besonders natürlich die Nerven.“ Er blickt dabei wieder kurz besorgt Richtung Tür. Dort zucken die Fäden nun nicht nur, sie blinken auch noch wie wild.


    „Also gut: Zunge und Stimmbänder“, wendet er sich nun an die Angesprochenen, „euch möchte ich bitten, besonders zurückhaltend zu sein. Im Gegensatz zu sonst müsst ihr morgen nicht jeden Gedanken aussprechen, der bei euch ankommt. Im Klartext: Haltet einfach die Klappe und erspart uns anderen damit jede Menge Ärger.“


    Das Großhirn wendet sich nun zur anderen Seite: „Blase und Niere! Ihr beide bleibt morgen früh am besten gleich liegen. Macht nur das Nötigste! Beschäftigung von eurer Seite kann Joean morgen absolut nicht gebrauchen. Alles klar?!“


    Dann schaut sich das Großhirn suchend um: „Hat einer von euch heute schon die Leber gesehen?“

    „Nein“, melden sich die Ohren zu Wort. „Aber wir hören sie schon.“

    Ja, damit haben sie Recht. Schon von weitem hört man sie durch den Gallengang. Die Leber ist nämlich ein großer Santiano-Fan. Und sie denkt, sie kann singen. Das ist nicht zu überhören.

    „Ich brauche Rumm, Rumm, Rumm sonst verdurste ich. Ich brauche Rumm, Rumm, R…Oh bin etwa zu spät?“ *


    Statt einer Antwort rollen plötzlich die Augen durch den Raum. „Ich kann euch verstehen“, nickt das Großhirn ihnen zu.

    Dann wendet er sich wieder direkt an die Leber: „Auch du machst am besten morgen gleich ganz frei.“


    „WAAAAASSSSS!“, empört sich die Leber. „Kein alkoholisches Freigetränk im Flieger? Ich habe extra auf einem Umsteigeflug bestanden, damit ich zweimal was kriege…“, zum Endes des Satzes hin wird seine Stimme immer leiser.


    Drohend, wie eine mächtige schwarze Wolke erhebt sich das Großhirn aus seinem Sitz: „DU warst das?! DIR haben wir diesen Umsteigeflug zu verdanken?“


    Die riesige schwarze Wolke fängt an, zu grollen. Die zuckenden Nervenbündel daneben sehen nun aus wie nächtliche Blitze.


    „Na ja. Ich dachte doch nur - so als Urlaubsauftakt und irgendwie muss ich mich doch auch mal wieder langsam an die Cocktailmengen gewöhnen. GAB JA JETZT SCHON SO LANGE NICHTS MEHR!“


    Bei diesen Worten dreht sich die Leber einmal ganz rum und schaut anklagend in die hinterste Ecke des Bauchraums, in die sich die Erkältungsviren schon vor ziemlich langer Zeit zurückgezogen haben und dort vor lauter Tristesse Tischtennis spielen, vorzugsweise chinesisch.


    „Wir sind unschuldig!“, zwitschert es vielstimmig aus der Ecke. „Und ihr könnt uns glauben: wir haben von diesem ganzen Coronamist hier auch die Nase gestrichen voll!“


    „Ha Ha!“, will die Leber erneut ansetzen, fängt dann aber den drohenden Blick des Großhirns auf, rutscht in seinem Stühlchen noch ein Stück tiefer und lässt seine Puschelohren traurig nach vorne sinken. „Nicht mal den kleinsten Spaß gönnen sie einem hier.“, mosert er dann noch ganz leise und ein kleines bisschen aufmüpfig vor sich hin.


    * Hinweis für den Admin: Text des Liedes aus Urheberschutzgründen verfälscht und dass "Rum" mit einem "M" geschrieben wird, weiß ich auch


    Reisebericht mit der Vasco da Gama zu den Azoren 2022 oder „Großhirn an alle…“


    Diesmal bekam ich schon zwei Tage später eine Antwort. Jetzt müsse es gehen, stand da.


    Was - glaubt ihr, ist passiert?


    Richtig!

    Ich zitiere mich an dieser Stelle einfach mal selbst:

    Mit den Worten: „Wir haben schon wieder ein Problem!“, reißt der Blutdruck die Tür zum Büro des Großhirns auf.


    Um das Ganze hier mal abzukürzen:

    Es zog sich noch bis zum 10. Februar. Dann hatte ich ein sehr erhellendes Telefonat mit einem Herrn der IT, der mir klarmachte, dass er und nur er hier der Held des Tages war, denn ihm war es gelungen, mich – oder besser meine Daten – als Systemfehler zu identifizieren.

    Es gab ein Wort das andere und irgendwann rutschte es dann fast inbrünstig aus ihm raus:

    „Warum buchen Sie auch vor der Systemumstellung!“

    So einen Satz kann auch wirklich nur ein ITler sagen.


    Immerhin dämmerte mir so langsam, dass ICH hier das eigentliche Problem war, ich war nicht einfach nur ein Kunde – ich war ein Systemsprenger! Welche Auswirkungen dies alles für mich haben sollte, ahnte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht.


    Das erste Mal bekam ich es zu spüren, als wir dann unsere Reiseunterlagen downloaden konnten. Aus dem entspannten Vormittagsflug nach Lissabon war ein 08:10 Uhr-Flug nach Düsseldorf mit 1,5 Stunden Aufenthalt und anschließendem Weiterflug nach Lissabon geworden. Und aus dem komfortablen Mittagsrückflug nun doch wieder die 19:00 Uhr Klitsche mit der Geisterstundenankunft in Berlin.


    Wieder hatte ich den Telefonhörer fix in der Hand um die Sache klären zu lassen.

    Jaaa, hieß es bei Nicko. Es wäre schon möglich, dass wir bei unserer Buchung extra auf dem Mittagsflug bestanden hätten und deshalb auch eine geänderte Rechnung erhalten hätten…


    ABER – durch die Systemumstellung sei unser „Sonderwunsch“ wohl „untergegangen“. Und jetzt – zwei Wochen vor Abreise – sei es zu spät, um den Flug umzubuchen. Und überhaupt sei der Flugplan coronabedingt ausgedünnt worden und den Mittagsflug würde es nicht mehr geben.

    Wie ich inzwischen weiß, wurde mir an dieser Stelle eiskalt ins Gesicht gelogen, denn den Mittagsflug gab es definitiv.


    Schluss aber jetzt mit dieser elend langen Vorgeschichte – kommen wir nun mal zu dem, was das hier eigentlich werden soll – nämlich so etwas Ähnliches wie ein Reisebericht.


    Sonntag, 13.03.2022 – Vortag der Abreise Teil 1


    Es ging ja noch ganz gut los.

    Nach dem Frühstück werfe ich dann durch Zufall mal einen Blick auf mein Handy. Dort findet sich eine Nachricht von Eurowings.

    Dear Passenger, the United Services Union (ver.di) has called on anviation security employees working in passenger screening to strike on Monday, March 14.


    Nee, oder!

    Das kann doch wohl nicht wahr sein!


    Dann gleich noch eine zweite SMS:

    Unfortunately your flight EW9049 at 08:10 on 14.3.2022 was cancelled.


    Und nu?


    Und sowas auf einem Sonntagmorgen!

    Dann werden wir mal die Notrufnummer bei Nicko-Cruises anrufen. Es dauert auch gar nicht lange, dann geht schon jemand dran.

    Ja, das mit dem Streik wisse man schon seit Samstagabend. Im Moment sei man dabei, alle betroffenen Passagiere zu informieren und nach Alternativen zu suchen. Sie bitten uns um ein wenig Geduld, man werde sich bei uns melden.

    Na gut, mit der Auskunft geben wir uns erst mal zufrieden. Warten wir mal auf die Dinge, die da kommen.


    Meinen Blutdruck tangiert das alles noch ausgesprochen wenig, der dreht sich gemütlich auf die andere Seite und macht es sich auf der Couch bequem.


    Und mal ganz ehrlich: Irgendwie bin ich wohl doch schon ein wenig „kreuzfahrtentwöhnt“. Angenommen Nicko würde sich jetzt melden, und sagen: „Es tut uns leid, wir haben keine Möglichkeit, Sie zum Schiff zu bringen.“, dann wäre ich noch nicht mal traurig!

    Reisefieber, Vorfreude? Fehlanzeige.


    Eigentlich hatten wir ja vor, ganz entspannt nach dem Nachmittagskaffee die Koffer zu packen. Diesen Teil des Tages werden wir nun wohl etwas vorziehen, wer weiß, welche Überraschungen uns heute noch erwarten.


    Um 14:00 Uhr hat sich Nicko-Cruises noch immer nicht gemeldet. Also wieder die Notfallnummer gewählt. Ja, es würde noch dauern – ein wenig Geduld.


    Gut, denke ich mir. Eine vernünftige Lösung braucht wohl wirklich ein wenig Zeit. Schließlich will man dem Kunden – so würde ich zumindest rangehen – eine „runde“ Sache präsentieren. Eine Lösung, mit der er leben kann. Ich könnte mir z.B. vorstellen, dass sie uns auf einen anderen Flug von einem Abflughafen umbuchen und einen Zubringershuttle organisieren. Sowas irgendwie in der Art.


    Ich hätte es besser wissen sollen!


    Auf dem Heimweg von unserem Lieblings-Schnitzel-Restaurant um 19:50 Uhr klingelt dann mein Handy.


    Und jetzt nur noch mal zur Zusammenfassung:

    Hätte ich nicht beim Online-Check-In bei Eurowings meine Mobilfunknummer und meine Mailadresse hinterlassen, hätte ich die besagte SMS nicht bekommen, dann hätte ich auch nicht am Sonntag Früh die Notrufnummer von Nicko gewählt, dann hätte ich von den ganzen Unwägbarkeiten im Zusammenhang mit unserer Anreise bis zu diesem Zeitpunkt noch keine Ahnung gehabt. Bisher habe immer ich Nicko-Cruises kontaktiert, nie sie mich!


    Seit inzwischen 24 Stunden, weiß also Nicko von dem Problem und arbeitet angeblich an Lösungen, aber was mir die Stimme aus dem Telefon dann als „Lösung“ präsentiert, finde ich irgendwie so gar nicht prickelnd.


    Es bestünde die Möglichkeit, sagt die Stimme, heute um 23:54 Uhr einen Nachtzug nach Frankfurt am Main zu nehmen. Damit wären wir dann am Montag früh um 06:?? Uhr in Frankfurt am Hauptbahnhof, mit der S-Bahn zum Flughafen um den Flug um 09:00 Uhr nach Lissabon zu kriegen.


    „Aha. Gibt’s denn eine Alternative?“, wage ich zu fragen.

    Ja, meint das Telefon. Alternativ könnten wir morgen früh zum BER, uns bei Eurowings melden. Die hätten ja schließlich den Auftrag, uns zu transportieren und müssten sich kümmern, dass wir irgendwie unser angestrebtes Ziel erreichen.


    Hm. Gelte ich jetzt als zickig, wenn mir beide Lösungen nicht wirklich gefallen? Gut, für diesen Streik kann Nicko nichts, aber eine „Lösung“ stelle ich mir dann doch anders vor.

    Wie? Nun dazu komme ich später.


    Wir entscheiden uns spontan gegen die Nachtzug-Variante, rein aus dem Bauch heraus. Auf einen überstürzten Aufbruch heute Abend haben wir beide keinen Bock. Also: erst mal alles wie geplant. Morgen früh um 03:40 Uhr klingelt unser Wecker – und dann schaun wir mal.

    Und irgendwann schlafe ich dann auch endlich ein…

    Liebe Foris,


    hier kommt er nun: mein neuester Reisebericht.

    Wobei "neu" auch relativ ist...


    Die Reise selbst startete bereits am 14. März diesen Jahres.


    Die ersten Zeilen des Berichtes habe ich allerdings schon viel früher geschrieben - ihr werdet schon noch lesen, warum.

    Zu der Zeit hatte Corona uns noch fest im Griff und ein normaler Umgang - wie wir ihn inzwischen ja wieder leben können - lag noch gefühlt in sehr weiter Ferne. Zur Einordnung des Ganzen und zum besseren Verständnis finde ich es aber wichtig, darauf hier noch einmal gesondert hinzuweisen.


    Insgesamt hat mich dieser Bericht also gute fünf Monate begleitet - und damit auch durch einige schlaflose Nächte, in denen ich mich selbst fragte, warum ich mir das alles überhaupt antun soll.


    Zusammen mit uns war @Isuledda99 auf dieser Reise dabei und wer die richtig schönen Bilder der Azoren sehen will, den kann ich uneingeschränkt auf ihren damaligen Live-Reisebericht in diesem Forum verweisen.


    Wir wollten die Azoren mit der Vasco da Gama, einem Schiff von Nicko-Cruises bereisen. Dieses Schiff trug nicht immer den Namen des bekannten Seefahrers, sondern lief im Jahr 1992 als "Statendamm" für die HAL vom Stapel.


    Soweit zur Einordnung, damit ihr wisst, in welchem Teil des Forums ihr euch aktuell befindet. Dies ist also kein Reisebricht einer "Mein Schiff" - Reise.


    Wen dies nicht abschreckt, dem wünsche ich nun - ja, was eigentlich?

    Durchhaltevermögen wäre glaube ich, nicht schlecht.


    Los geht's...


    Reisebericht mit der Vasco da Gama zu den Azoren 2022 oder „Großhirn an alle…“


    Mit den Worten: „Wir haben schon wieder ein Problem!“, reißt der Blutdruck die Tür zum Büro des Großhirns auf.


    Dieses sieht nur kurz hoch und sagt dann: „Wie oft soll ich dir noch vorbeten, dass wir uns in diesen Zeiten nur über MS Teams treffen!“


    „MS Teams ist Scheiße! Du kannst dich ja wohl noch deutlich daran erinnern, wie bei der letzten VK erst beide Beine und dann die Hüfte eingeschlafen sind. – Und wir alle mussten ihnen dabei zusehen!“


    Resigniert seufzt das Großhirn bei diesen Worten auf und sagt dann in einem ergebenen Tonfall: „Großhirn an Augen: Rollen!“


    „Also“, wendet er sich wieder dem Blutdruck zu, „was haben sie jetzt wieder getan?“

    „Nichts! Das isses ja!“, ohrenbetäubend laut knallt er nun die Tür ran.


    „Okay. Ich bin das Großhirn, aber ich komm nicht mehr mit. Könntest Du bitte mal der Reihe nach…?!“


    Oh oh.

    Ich glaube, ich übernehme an dieser Stelle mal besser. Sonst hebt‘s dem Blutdruck noch die Schädeldecke ab. Und irgendwie - wär das ja dann auch meine Schädeldecke.


    Schon im August letzten Jahres hatten wir diese Kreuzfahrt bei Nicko-Cruises gebucht. Wie sich vielleicht der eine oder andere noch erinnert, wurde unsere Azorenreise mit TUI im März 2020 vier Tage vor Abfahrt gecancelt.

    Nix Azores!


    Was dann kam, wissen wir alle und was wir alle wollten, wissen wir auch.

    Raus wollten wir – endlich mal wieder reisen.

    Und endlich mal wieder rauf aufs Schiff…


    Jetzt so im Nachhinein haben mein Mann und ich völlig unterschiedliche Erinnerungen daran, wer von uns beiden eigentlich auf die Idee kam.


    Er behauptet ja immer noch, es wäre meine Idee gewesen.

    Logisch – würde ich auch behaupten, jetzt wo die Katze in den Brunnen gefallen ist.

    Ich dagegen bin ja der Meinung, dass ER mit dieser Idee um die Ecke kam. Denn: Ich erinnere mich von an meinen ersten Gedanken – und der war: ‚Eigentlich wollte er doch nie wieder einen Fuß auf ein Schiff von denen setzen! Sowas Inkonsequentes! Typisch Mann!‘


    Egal!

    Es begab sich also im August des Jahres 2021 als uns diese Reise irgendwie attraktiv schien. Die Hoffnung auf die Komplettausrottung des Virus bis spätestens Weihnachten 2021 wurde ja (wenn man mal vom dauerbesorgten Karl absieht) von allen Seiten propagiert – warum also nicht, schließlich waren wir ja alle zweimal geimpft – und der Gipfel des Selbstschutzes galt somit als erklommen.

    Schöne naive Zeit!

    Allenfalls war es der Gipfel des Selbstbetrugs.


    Schon bei der Reisebuchung nahm das Übel also seinen Lauf. Wir wollten auf Nummer Sicher gehen und buchten das Anreisepaket bei Nicko für teuer Geld mit. Als ich dann die Flugzeiten auf der Reisebestätigung sah, hatte ich den Telefonhörer schneller in der Hand als ich „Nicko“ sagen kann.

    Der Hinflug am 14.03.22 ging ja noch: schön entspannt so kurz vor 11 ab dem BER. Aber der Rückflug ging ja mal so gar nicht! Abends gegen 19:00 Uhr sollten wir erst in Lissabon starten um dann kurz vor der Geisterstunde um 22:50 Uhr wieder vor den Toren unserer Stadt zu landen.


    Und wer schon mal da draußen war weiß, dass das Ende der Welt nicht viel anders als die Gegend um unseren BER aussehen kann.


    Ein Telefonat später, stellte sich heraus, dass es noch einen Mittagsflug gab, mit dem wir dann so gegen 16:00 Uhr zu Hause wären. Na – ging doch! Unser Reisebüro kümmerte sich darum und machte das Schriftliche.


    „Gl…Gl…Glück gehabt“, blubberte der Blutdruck an dieser Stelle.


    Die Zeit tat, was sie immer tut – sie verging. Und irgendwann im Dezember fiel mir wieder der Urlaub im März ein. Ich könnte ja schon mal das Bordmanifest…


    Zusammen mit der Rechnung hatten wir Zugangsdaten für das Kundenportal erhalten. Also flugs mal die Pässe gesucht und die Sache erledigt.

    Die Sache mit den Pässen hätte ich mir sparen können, denn das Kundenportal redete nur kurz, aber eindeutig mit mir.

    „Aktuell überarbeiten wir unseren Service für Sie. Bitte schauen Sie später noch mal vorbei.“


    Das Gleiche las ich dann Anfang Januar und Mitte Januar.


    Wild wedelte der Blutdruck mit den Reiseunterlagen vor meiner Nase herum.

    „Hier lies das! Da steht: Bitte füllen Sie das Manifest bis 90 Tage vor Reisebeginn aus. Bi…Bi…Bitte unternimm was. Das hier geht mir aufs Gemüt!“


    Na gut – ich will mal nicht so sein. Nehme ich also das Telefon und rufe bei Nicko an.

    Ja, das Portal wäre aktuell noch nicht verfügbar. Aber man könne mir einen Vordruck mailen, wo ich dann die Daten eintragen kann und an Nicko zurückfaxen.

    Wer bitte, außer deutsche Gesundheitsämter, nutzt denn heute noch ein Fax???


    Ich bin kein Amt – ich hab kein Fax. So einfach ist das.

    Am 19. Januar hatte ich dann einen großen Aha-Effekt – die Website sprach mit mir:

    „Mit Kundennummer, Rechnungsnummer oder Vorgangsnummer registrieren.“


    „Großhirn an sich selbst: Rechnung suchen!“


    Ah, da ist sie ja. Schon leicht angegilbt, aber da. Und eine Vorgangsnummer finde ich da auch.


    „Großhirn an Finger: tippen!“


    „Ihren Nachnamen:“, verlangt die Website. Gut, den weiß ich auch so. Dafür brauch ich nicht auf die Rechnung zu sehen.


    „Be…Be…Besser ist das auch.“, blubbert der Blutdruck leise.


    „E-Mail-Adresse“, wünscht die Website noch. Uuuuuuuuund ENTER!


    „Wir konnten keine Buchung zu Ihren Angaben zuordnen. Bitte überprüfen Sie Ihren Namen und die Kunden-, Rechnungs- oder Auftragsnummer.“


    Häh???? Bin ich zu blöd, oder was? Nee. Stimmt alles. Außer…


    „Äh – Schatz, hast du inzwischen unseren Namen geändert?“, rufe ich Richtung Wohnzimmer.

    Wie er mich daraufhin ansieht, kann ich gar nicht in Worte fassen.


    „Großhirn an Füße: Telefon suchen!“


    „Das kann gar nicht sein“, antwortet mir eine nette Nicko-Telefon-Dame. „Die Website ist ja ganz neu.“


    Na und? Hilft mir das weiter? Nein, tut es nicht. Ein neues Kleid mit einem kaputten Reißverschluss ist für mich genauso nützlich wie eure aktuelle Website.


    „Schreiben Sie mir mal eine Mail. Ich spreche dann mit der IT.“, sagt die Dame noch. „Und hängen Sie am besten einen Screenshot von der Fehlermeldung mit an.“


    Eine meiner leichtesten Übungen.

    Am 28. Januar! bekomme ich dann eine Mail: „Wir haben Ihre Kundendaten zurückgesetzt. Bitte versuchen Sie es erneut.“


    Was soll ich sagen? Natürlich funktionierte es nicht.

    Also wieder ein Telefonat, also wieder Unverständnis am anderen Ende, also wieder eine Mail und wieder einen Screenshot von der Fehlermeldung.


    Diesmal bekam ich schon zwei Tage später eine Antwort. Jetzt müsse es gehen, stand da.


    Was - glaubt ihr, ist passiert?

    Guten Morgen,


    sehe ich das richtig, dass man jetzt nur noch als registrierter (eingeloggter) Benutzer lesend hier im Forum unterwegs sein kann? Bisher war es ja so, dass jeder mitlesen konnte - auch wenn er nicht registriert war.

    LG Joean

    Kann man eigentlich auch an Bord Landausflüge buchen?

    Elbflorentina


    Kaum ist man mal ein paar Tage nicht online, hat eine(r) eine Frage!


    Soweit ich mich erinnern kann, konnte man auch an Bord Ausflüge buchen. Das waren dann aber die gleichen, die man z.B. auch auf der Homepage der Reederei beim direkten Buchen der Reise gleich "mitbuchen" kann. Und ich meine, die unterschieden sich damals inhaltlich nicht so sehr von unseren Ausflugszielen.

    Allerdings war es so, dass diese "direkten" Landausflüge ggf. in englischer Sprache durchgeführt wurden, da ja auch ein ganzer Teil Dänen und Norweger an Bord waren.


    LG Joean

    Tag 4 - Vorsicht bei Zusatzleistungen


    Sonnenstrahlen streicheln über mein Gesicht...

    Eine kaum wahrnehmbare sanfte Brise weht durch die - einen Spalt breit offene - Balkontür herein...

    Die so lange vermisste Frische von Meeresluft erfüllt den Raum...

    Ein leichtes Raunen, wenn sich andere Gäste auf dem Gang leise unterhalten...


    Das erste Mal auf dieser Reise werde ich so geweckt, wie sich das auf einer Kreuzfahrt gehört.

    Ein verträumter Blick auf den Wecker treibt mich dann aber doch schneller in die Senkrechte, als ich das eigentlich wollte.


    'Verdammt, schon kurz vor 15:00 Uhr!'

    Um halb vier haben wir einen Termin im Konferenzraum. Und packen müssen wir nachher auch unbedingt gleich noch.

    Schon morgen wird unsere Blaue Reise dann wieder zu Ende sein.

    Aus privaten Gründen ist es notwendig, dass wir unbedingt pünktlich und so früh wie möglich wieder zu Hause sind.


    Daher haben wir gegen einen nicht unbedeutenden Aufpreis den "very urgent early priority check-out service" gebucht. Dieser Service wird ganz neu von TUI Cruises angeboten. Was dieser Service ganz konkret beinhaltet, wissen wir noch nicht. Da hält sich TUI noch bedeckt.

    Aber ich habe mich trotzdem schon mal vorab informiert. Ich lese da nämlich seit einiger Zeit in so einem Kreuzfahrtforum mit.

    Gerüchte aus angeblich glaubhafter Quelle behaupten ja in diesem Forum, dass es sich bei dem von uns gebuchten "very urgent early priority check-out service" um eine besonders exclusive Art der Abreise handelt.


    Demzufolge würden die auf diesen Service gebuchten Gäste - sobald sich das Schiff dem Hafen auf eine Entfernung von drei Seemeilen genähert hat - von einer Privatyacht übernommen und vorab in den Zielhafen gebracht. Diese Yacht würde vom Staff Kapitän gesteuert werden und an der Pier in Kiel stünde dann schon jeweils eine Luxuslimousine deutscher Fabrikation bereit, um uns bis vor unsere Haustür zu fahren. Zeitersparnis mindestens 3 Stunden - wird in diesem Forum zumindest behauptet. Wir werden es testen.


    Für heute Nachmittag aber haben wir uns erst Mal für eines dieser Exit Games angemeldet. Ihr wißt schon: so in etwa wie in einem Exit Room der Ausgang gefunden werden muss, geht es in einem Exit Game meist darum, in einer Gruppe ein Heft durchzuarbeiten, darin verschlüsselte Lösungen zu finden und am Ende der Schnellste zu sein.


    Wir haben so etwas schon mal bei der vierbuchstabigen Konkurrenz mitgemacht - und es war ein Riesenfiasko. Unsere Gruppe bestand aus 5 blutigen Anfängern alle jenseits der fünfzig. Schon in die Aufgabenstellung hatten wir irrige Annahmen hinein projeziert.

    Dementsprechend addierten wir die falschen Zahlen an den falschen Stellen und lösten die einzelnen Seiten des Buches in der falschen Reihenfolge. Trotzdem konnten wir am Schluss einige richtige Antworten auf die Fragen geben, was unseren damaligen Spielleiter zu dem Satz veranlasste: "Das das auch so funktioniert, hab ich ja noch nie gesehen!"


    Uns wars egal. Wir hatten anderthalb Stunden Spaß und die größten Aha-Momente bei der Auflösung. Mit in etwa dem gleichen Anspruch werden wir die Sache heute auch angehen.


    Als wir dann Richtung Kabinentür streben, um zum Konferenzraum zu gelangen, passiert es:


    Die Luft zittert, sie schlägt richtig sichtbare Wellen und direkt vor unseren Augen löst sich die Tür der Kabine auf und wird durch eine geschlossene Wand ersetzt. Spinn ich....???


    Nee, tu ich nicht. Ich kann die Wand anfassen, Göga kann sich mit seiner Schulter dagegen werfen. Die Tür bleibt verschwunden.


    Ich bin ja eine eher praktisch veranlagte Frau. Von daher war mein erster Gedanke in dieser Situation nicht: 'Oh Gott, oh Gott, wie kommen wir hier jetzt wieder raus.' sondern 'Hoffentlich verschwindet die Klotür nicht auch noch!'

    Nein, tut sie nicht - zumindest nicht im Moment.


    Dafür wird der Fernseher plötzlich hell. Das Gesicht von Sascha H. erscheint, aber reden tut er wie Yoda.


    "Euer Schicksal - ihr annehmen solltet!"

    "Ideen - ihr nun haben müsst!"

    "Dann ihr finden werdet - cool den Ausgang!"


    Der Fernseher wird wieder schwarz.

    'Und nu?'

    Irgendwo in dieser Kabine muss es also einen Hinweis auf den Ausgang geben. Wir müssen ihn nur finden!


    Wir fangen an, die Kabine zu inspizieren. Schubladen öffnen, Schränke öffnen, unter alle Deko gucken und hinter alle Bilder.

    Nichts.


    Einigermaßen ratlos schauen wir uns an.

    Da wird der Fernseher wieder hell.


    "Ziemlich am Ars.... - ihr seid!"

    "Wohl überschätzt - ich euch habe!"


    In dem Fernseher schließt Sascha H. halb seine Augen und seine Tütenöhrchen sinken traurig nach vorn.


    "Bündeln - ihr müsst eure Macht"!

    "Die Lösung - ihr dann cool finden werdet!"


    'Boah!!! Der Kerl geht mir sowas von auf den S...Senkel!

    Was faselt der da immer! Will der uns damit wirklich was sagen oder ist der einfach nur komplett durchgeknallt?'


    "Wir müssen irgendetwas übersehen haben", suchend dreht sich Göga im Kreis. Plötzlich leuchten seine Augen auf: "Er hat zweimal "cool" gesagt! Was ist denn mit dem Kühlschrank?"


    "Sehr klug - du bist! Probieren - wir sollten es."

    'Hab ich das jetzt echt laut genau so gesagt?'


    Göga geht vor dem kleinen Kabinenkühlschrank in die Knie und beginnt damit, ihn auszuräumen. Was er findet, reicht er mir zu.

    Eine Kiste Bier...

    Eine Kiste Bier...

    Eine Kiste Bier...


    'Äh - Moment mal! Ist das auch noch irgendwas anderes drin?'


    Ja. Ist.

    Eine Kiste anderes Bier...

    Noch eine Kiste anderes Bier...

    Und noch eine Kiste anderes Bier...

    Dann reicht er mir ein Sechserpack kleine Cola-Flaschen zu.

    'Das war so klar!'


    Keine fünf Minuten später stapeln sich die Getränkekisten in unserer Kabine bis unter die Decke. Die Betten biegen sich unter der Masse der kleinen Mini-Schnapsfläschen.


    "Ich glaube, hier ist etwas!", ziemlich weit weg und mit etwas Hall dringt Gögas Stimme aus dem Einbaumöbel, "komm mal rein hier!"


    Es gibt so Sätze, bei denen würde ich die Hände dafür ins Feuer legen, dass sie so noch niemals in einem Reisebericht geschrieben worden sind und auch niemals wieder geschrieben werden.

    Der Satz: "Furchtlos krieche ich in den Kühlschrank hinein.", gehört eindeutig in diese Kategorie.


    Tiefer.

    Immer tiefer.

    Endlich sehe ich Göga.

    "Ah, da bist Du ja.", sagt er zu mir. "Warte mal kurz!" Dann kriecht er zurück in die Richtung aus der ich gekommen bin. Als ich mich umdrehe, blicke ich auf Tausende von Kühlschranktüren hinter uns.


    Göga macht gerade mit einem schwaren Edding ein Kreuz an die Tür aus der wir kamen.


    Ich selbst habe keine Ahnung, wo wir lang müssen. Ich krabble einfach hinter Göga her und verliere dabei jedes Zeitgefühl.


    Plötzlich öffnet er so eine Art Lüftungsschacht und wir purzeln auf die Brücke. Vorsichtig sehen wir uns um und gerade als wir uns fast sicher sind, hier allein zu sein, hören wir dann doch eine Stimme.


    Eine gewisse Beatrice ohne bekannten Nachnamen nimmt gerade den Kapitän Sascha H. Maß.

    Leider verstehen wir nur einige Wortfetzen.

    "... lass doch mal den armen Jungen in Ruh...."

    "... hast Du doch gar nicht nötig, Viktor..."

    "... unter der Fuchtel von dem Alten genug gelitten ..."


    Oh, Oh hier stören wir besser nicht! Obwohl mich schon interessieren würde, wer die Dame war und warum sie den Kapitän Viktor nannte.


    Wir sehen zu, dass wir möglichst schnell wieder in dem Lüftungsschacht verschwinden. Kurze Zeit später stehen wir auf einem Kabinengang. An der nächst gelegenen Tür prangt ein Schild mit der Aufschrift "Captain's Suite".

    Eintreten - wir tun.

    'Oh Gott, hoffentlich verschwindet dieser Sprachfehler wieder!'


    Wir schauen uns um und es verschlägt uns den Atem!

    Mitten in einem Helene F. Gedenk-Zimmer sind wir gelandet, daneben gleich der Beatrice E. Raum, der mit der Andrea B. Kammer verbunden ist. Wirklich irritiert hat mich allerdings dann erst der Ross A. Salon mit der integrierten Karl Moik-Ecke.


    Unser Florian S. steht im Eingangsbereich, hat eine Karaoke-Maschine laufen und singt mit Inbrunst "Atemlos". Aber leider mit neuem Text!


    Atemlos auf dem Eis

    Joeans Lächeln war der Preis

    Atemlos nur wir zwei
    Leider viel zu schnell vorbei


    'Das ist nicht gut!
    Das ist gar nicht gut!

    Hoffentlich hat Göga davon nichts mitbekommen!'


    Hektisch mache ich Anstalten, "Captain's Suite" wieder zu verlassen und kurz darauf kriechen wir erneut durch unzählige Gänge mit Kabelgewirr. Urplötzlich taucht vor unseren Augen wieder diese Wand mit den tausenden Kühlschranktüren auf. Nur leider befindet sich jetzt auf jeder dieser Türen ein schwarzes Edding-Kreuz.


    Was soll's!

    Wir nehmen einfach die nächstgelegene und reißen sie auf. Gleißende Helligkeit blendet unsere Augen.


    Dann macht es plötzlich "Plopp" und wir stehen auf dem Flur unserer Wohnung.

    Kein Zweifel! Das hier ist unser zu Hause.

    Und noch während wir uns verwundert die Augen reiben, macht es plötzlich nochmal "Plopp" und "Plopp" und unsere Koffer stehen neben uns.

    Das ist ja ein Ding!

    Wie kann das sein?!


    Plötzlich erzittert die Luft wieder, der schon bekannte Tunnel öffnet sich und aus ihm dringt leise Yodas Stimme zu uns: "very urgent early priority check-out service" - ihr gebucht hattet..."

    Dann schließt sich das Raum-Zeit-Kontinuum endgültig.


    Ist das zu fassen! Da kann man mal wieder sehen, wie verläßlich die Informationen sind, die man aus so einem Kreuzfahrtforum zieht!


    Ich glaube, es ist nun doch an der Zeit, dass ich einen Artikel in diesem Forum schreibe und mir dort mal so richtig Luft mache. Einen Titel dafür habe ich schon: "Vorsicht bei Zusatzleistungen".


    Göga sieht mich eine ganze Weile seltsam an.

    Dann sagt er: "So. Nun mal Butter bei die Fische. Was genau lief da mit diesem Florian S.?!"


    'Oh, oh...'


    Und dies ist nun das Ende meiner Geschichte.


    LG Joean


    Ich danke allen, die diesen sehr speziellen Reisebericht gelesen, gelikt oder kommentiert haben.

    Wenn man nicht wegfahren kann, muss man sich eben wegträumen. Ich hoffe, ich konnte dafür einige Anregungen liefern.




    Tag 3 - Warum wir wegen mir Weltmeister wurden...


    Teil 2


    Es gäbe noch so einiges zu erzählen von diesem Tag, der für uns alle drei einige blaue Flecken bereit hielt, aber ich fürchte, dies würde hier den Rahmen sprengen. Und eigentlich wollte ich ja auch auf etwas ganz anderes hinaus.


    Dafür macht es Sinn, uns noch einmal das Motto dieses Tages in Erinnerung zu rufen: Warum wir wegen mir Weltmeister wurden...


    Ein weiteres unternehmungslustiges Highlight dieses Urlaubs war nämlich der abendliche Besuch der Eislaufbahn St. Johanns. Und nachdem wir nun ausgiebig geklärt hätten, wie mein Verhältnis zu selbstausgeübtem Wintersport ist, muss ich wohl nicht mehr erwähnen, das ich diesem Termin mit Grausen entgegensah.


    Göga war in seinem Element, hatte kaum die Kufen unter den Füßen und flitzte los. Mich hatte er am Eingang zur Eisfläche einfach vergessen.


    Um später wenigstens davon erzählen zu können, ich sei "Eislaufen" gewesen, umklammerte ich also die Bande mit beiden Händen und zog mich zentimeterweise daran entlang.


    Und immer wenn mal jemand auch an der Bande stand und sich z.B. mit Bekannten unterhielt, musste ich die Leute bitten, ob sie mir mal kurz Platz machen könnten. Es war demütigend!


    Irgendwann hatte ich dann die Schnauze voll und begnügte mich damit, auch sinnfrei an dieser Umrandung rumzulungern und interessiert den Anderen zuzugucken.


    Und genau bei dieser Beschäftigung entdeckte ich ihn dann: Kaiser Franz Beckenbauer himself samt Familie.


    Und nun machen wir mal ein interessantes Gedankenspiel:

    Stellt euch vor, ich hätte meinen geschützten Bereich an der Bande verlassen und mich auf die Weite der Eisfläche vorgewagt. Unter Garantie wäre ich ihm zwischen die Kufen geraten, wir beide wären schlimm gestürzt, er hätte sich alle Knochen gebrochen.


    Niemals hätte er dann im Sommer 2006 so flott von einem zum anderen Spiel der Fußballweltmeisterschaft in Deutschland jetten können. Aus dem Sommermärchen so wie wir es kennen wäre nichts geworden. Eine Fanmeile mit 500.000 Leuten zwischen Brandenburger Tor und Siegessäule hätte es niemals gegeben. Und damit auch keine neu aufgeflammte Fußballeuphorie in Deutschland, die ja schlussendlich im Weltmeistertitel 2014 ihren Höhepunkt fand.


    Das alles habe ich erst möglich gemacht - allein dadurch, dass ich weiter tapfer an meiner Bande festhielt. Ich finde, dafür könnte Deutschland mir dankbar sein!


    Kommen wir nun also zurück ins Jahr 2020, zurück auf die MS 1 und ihre Eislaufbahn.


    Als wir dort ankommen, sind unsere beiden Kapitäne Sascha H. und Florian S. bereits auf der Eisfläche. Sie scheinen so eine Art Eishockey zu spielen, aber anscheinend haben sie noch ein kleines Problem mit den Regeln dieses Sports. Statt dem Puck nachzujagen, versuchen sie, sich mit den Stöckern gegenseitig von den Beinen zu holen.


    Durch unser Auftauchen ist Sascha H. einen kurzen Moment abgelenkt und dies nutzt sein Gegenspieler indem er ihm rüde mit dem Stock gegen das Knie drischt.


    Sascha H. geht zu Boden. Göga eilt ihm zu Hilfe und zerrt ihn von der Eisfläche.


    Mit einem formvollendeten Schwung stoppt Florian S. dann direkt vor mir.

    "Darf ich bitten?"

    'Nee, eigentlich nich.'


    Mit solchen Zögerlichkeiten meinerseits hält er sich nicht auf. In der nächsten Sekunde befindet sich meine linke Hand in seiner und seine rechte umfasst meine Hüfte.

    Wir gleiten übers Eis. Wirklich und wahrhaftig.

    Ich hab überhaupt nicht gewußt, wie schön das ist. Und wie einfach! Kommt eben doch darauf an, wer's einem beibringt!


    "Ganz hervorragend machst du das. Hast du schon mal über eine Profikarriere nachgedacht?", schleimt er sich dann bei mir ein.


    'Äh - wir wollen jetzt mal nicht übertreiben! Sieh du lieber zu, dass du mich nicht loslässt!'


    Schwungvoll dreht er sich mit mir im Kreis und - ich weiß gar nicht, wie das passieren konnte - hält er mich auf einmal nur nur an einer Hand fest und geht langsam in die Hocke.


    Nein!

    Nicht was ihr denkt!

    Das hier wird eine Toooooodesspiraaaaale!


    'Jetzt bloß nicht loslassen! Nicht loslassen! Bitte! Bitte nicht!'


    Wenn er mich jetzt loslässt, dann flieg ich hier ab wie Schmidts Katze. Fuffzig Meter straight rein in die Botanik. Dabei gibts hier gar keine Botanik!


    So schnell wie ich in die Waagerechte kam, komm ich auch wieder hoch. Also, zumindest der Teil von mir, der nicht zu meinem Rücken gehört.

    Eislaufen ohne Rückgrat - eine meiner leichtesten Übungen.


    In den nächsten Stunden drehen der Flori und ich unermütlich unsere Runden. Pirouetten werden von uns eingesprungen - so wunderschön, dass es eine Pracht ist, Tanzschritte - so harmonisch, als wären wir eine Einheit. Nur bei der ersten Hebefigur schwankt Florian S. unter mir bedenklich.


    Davon mal ganz abgesehen, habe ich aber auch seit einiger Zeit schon das Gefühl als würde das Eis unter mir immer dünner - und das meine ich jetzt nicht metaphorisch. Auch gleitet es nicht mehr so schön - irgendwie wird es hier immer stumpfer. Seltsam!


    Florian S. hat aber immer noch nicht genug und setzt nun zum absoluten Höhepunkt an: einem fünffachen Wurf-Lutz.

    Er wirft mich mit aller Kraft in die Luft, schleudert mich förmlich von sich und ich habe in dieser schwindelerregenden Höhe von rund 5 Metern kaum die dritte Umdrehung fertig, da sehe ich es.


    Das Eis unter mir ist mit einem Schlag komplett weggetaut.

    Damit nicht genug!

    Unter mir befindet sich nun nur noch eine kreisrunde Fläche aus Schiffsstahl. Und die verwandelt sich - während ich mich in der Luft zum vierten Mal drehe - in eine riesige feuerrot glühende Herdplatte.


    Ein ganz hinterhältiger Anschlag dieses gemeinen Sascha H. Während wir hier den siebten Himmel des Paarlaufs erklommen, hat er den Bordelektriker dazu überredet, die Stromversorgung der Eisfläche mit dem Kaffeevollautomaten auf der Brücke zu koppeln. Und immer wenn sich dort oben nun einer einen Kaffee zieht, verwandelt sich die ehemalige Eisfläche in eine Heizplatte.


    Wie es schon auf dieser Reise üblich ist, fehlt mir mal wieder an die Landung jegliche Erinnerung.

    Allerdings ist der Schiffsarzt sehr nett und er hat mir versichert, ich wäre die Gipsverbände noch vor Weihnachten wieder los.


    LG Joean