Es ist kaum zu ertragen.
Auf die Gefahr hin, von der „Hauptsache ich hab Urlaub, spreading is mir egal“-Fraktion gebasht zu werden...aber es ist, für mich persönlich, einfach kaum mehr zu ertragen, wie teilweise mit Reisen in der Pandemie umgegangen wird. Ich gehöre sicher zu denjenigen, die gerne und sehr viel reisen, wenn gerade keine Pandemie ist. Aber:
Wir arbeiten, tagein tagaus, bis Anschlag im Krankenhaus, seit Monaten den ganzen Tag mit FFP2-Masken, wir operieren mit FFP2-Masken, aber nur noch reine Notfälle und Krebs-Operationen, wir haben mehrere Stationen mit Corona-positiven Patienten und mehrere mit Corona-Kontaktpatienten. Unsere inzwischen drei CoV2-Intensivstationen (wir haben nur noch eine für andere Patienten) sind voll mit CoV2-Patienten, aktuell Alter 31–89, ein großer Teil letzterer schafft es nicht, unabhängig vom Alter.
Wir reißen uns jeden Tag den Allerwertesten auf, kommen völlig kaputt nachhause, weil einen die Belastung physisch mit der CoV-Schutzmontur, uns läuft darunter den halben Tag der Schweiß den Körper herab, aber auch psychisch an die Grenzen bringt. Meine Familie kennt mich fast nur noch platt am Sofa, meine Frau teilt ein- bis zweimal die Woche die Sorge bis zum Routine-Abstrichergebnis.
Es gibt, daß haben nur noch die Aluhuttypen nicht verstanden, nichts, garnichts effektiveres als Abstand, Abstand, Abstand. Das kann man auch gut an den Lockdown-Maßnahmen sehen, die seit 2-3 Tagen nun ganz langsam ihren Effekt zeigen.
Warum zerreißen wir uns in den Krankenhäusern ? Warum schlittern so viele Menschen am wirtschaftlichen Ruin mit ihren Läden und Restaurants entlang, um die Infektionszahlen zu senken ? Warum schicken wir unsere Kinder nicht in die Schule, machen so viele Menschen Home Office ?
Warum passiert das alles, wenn ein Häuflein Menschen nicht einmal in der Lage ist, mal nur ein halbes Jahr auf Urlaub zu verzichten? Sechs Monate ? Sich mal nicht mit 100 anderen auf engstem Raum in den Flieger zu setzen ?
(Nein, dieses einmal schnell vor dem Urlaub testen ist nahezu sinnfrei, weil es nur einen Bruchteil der Infizierten erfaßt (Inkubationszeit), das ist Augenwischerei. Zusätzlich besteht das Risiko, sich zwischen Abstrich und Abflug zu infizieren uns dann zu spreaden...)
Fast ein Jahr lang hatte ich große Sorge, meine kleinen Jungs nicht aufwachsen zu sehen, die Sorge weicht, Dank Türeci und Sahin, mit der Impfung. Aber jetzt, da wir die höchsten Zahlen im Winter haben und uns gleichzeitig Licht am Ende sehen, uns auf den Endspurt aus der Pandemie vorbereiten, gibt es einige wenige, die nichts besseres zu tun haben, als genau in dieser Zeit zu verreisen ??
Ist es so schwer, eine so kurze Zeit auf diesen Luxus zu verzichten? Ist es so schwer, sich so kurze Zeit selbst einzuschränken? Ist es so schwer, für die paar Monate etwas gegen die Pandemie zu tun, etwas für unsere Gesellschaft zu tun, für die Zukunft der Kinder etwas zu tun?
Nein, ich kann es kaum mehr ertragen.
Es wäre so einfach.
Der Medizinbetrieb braucht keinen Applaus, er braucht Menschen, die zuhause bleiben.
Ich will keine weiteren Diskussionen unterschiedlicher Sinnhaftigkeit à la „ja, aber“ lostreten. Ich will niemandem etwas vorschreiben.
Ich will hier einmal, nur einmal mein Herz ausschütten und darum bitten, sich darüber kurz Gedanken zu machen.
Bleibt gesund, schön, daß es Euch und das Forum gibt !