Einmal um Südamerika von Buenos Aires nach San Antonio, (Santiago de Chile)auf der NCL Star.

  • 10.Reisebericht: Rio de Janeiro (1. Teil)


    Mittlerweile ist schon über eine Woche vergangen, aber es war schon wieder so viel los, dass ich erst jetzt dazu komme, den letzten Bericht über Rio zu schreiben.


    Wir starten am späten Nachmittag von Santiago de Chile mit der südamerikanischen Fluglinie „Latam“ in Richtung Rio de Janeiro“. Nach einem atemberaubenden Flug über die Anden landen wir dort vier Stunden später. Beim Landeanflug präsentiert sich die Stadt wie ein riesiger funkelnder Juwel. Unser Hotel „Othos Palace“ liegt direkt an der Copacabana. Wir haben ein schönes Zimmer im 15. Stock mit seitlichem Meerblick. Aber das Größte ist, wenn wir morgens aufwachen, schauen wir vom Bett aus auf den Zuckerhut. Werner hat das wieder alles wunderbar arrangiert, von der Lage und der Ausstattung her hätte das Hotel nicht besser sein können. Da es schon spät ist, beeilen wir uns, damit wir im Restaurant im 30. Stock noch etwas zu essen bekommen. Der Ausblick von hier oben ist gigantisch. Das Zusammenspiel des Strandes, der hell erleuchtenden Promenade entlang der Copacabana und der Wellen, deren weiße Schaumkronen auf dem dunklen Meer erstrahlen - dieser Anblick nimmt uns gefangen. Wir speisen köstlich, trinken einen guten Wein und lassen den Tag, erfüllt mit diesen neuen Eindrücken ausklingen.


    Am nächsten Morgen nehmen wir den Linienbus. Wir sind die einzigen Touristen, die darin sitzen. Die Fahrt gestaltet sich zu einer kleinen , privaten Sightseeing-Tour, denn wir stellen bald fest, dass wir den falschen Bus erwischt haben, der uns nicht dahin bringt, wo wir eigentlich hinwollten. Aber es wird eine spannende Fahrt, denn wir bekommen auf diese Weise Seiten von Rio zu sehen, die uns sonst vorenthalten geblieben wären. Wir sehen von weitem Favelas, Obdachlose, einfache Menschen, die ihren normalen Leben nachgehen, für sie Alltägliches, für uns Fremdes, Exotisches, manchmal auch Befremdliches. Irgendwann steigen wir aus. Werner, der schon einmal in Rio war, erinnert sich, dass wir uns in der Nähe eines Aquädukt befinden und dass es von dort aus auch nicht mehr weit zur „Escadaria Selarón“, der langen, wunderschönen, aus vielen bunten Fliesen gestalteten Treppe ist. Die Fliesen kommen aus aller Herren Länder und die Motive sind sehr unterschiedlich, manchmal sehr typisch und eher einfach und dann wieder unglaublich kreativ. Bis wir jedoch dahin gelangen, schlendern wir idyllische Sträßchen entlang, die uns auf Schleichwegen zu unserem Ziel bringen. Wenn ich „idyllisch“ schreibe, meine ich, dass die meisten Häuser, die man hier vorfindet, realistisch gesehen, in einem fast abbruchreifen Zustand sind. Die meisten scheinen aus dem 19. Jahrhundert zu sein und sehen aus, als wären sie niemals renoviert worden. Auch hier drängt sich der Vergleich mit Havanna auf. Aber dieses Marode hat für einen Außenstehenden natürlich auch einen ganz besonderen Charme. Auf dem Flachdach eines Hauses bewegt sich eine Frau mit einem kräftigen, runden Hintern in einem String-Tanga und lacht dabei hell auf. Da sie es wiederholt tut, drängt sich mir die Vermutung auf, dass es sich bei diesem Haus um ein Freudenhaus handeln könnte. Zwei Häuser weiter steht ein Mann in einem weißen Unterhemd auf einem Balkon und telefoniert dort angeregt. Er hat etwas Verwegenes im Gesicht und ich könnte mir gut vorstellen, dass er ihr Beschützer ist, um das Wort Zuhälter zu vermeiden. Aber vielleicht irre ich mich hier auch.

    Schließlich kommen wir an der Treppe an. Sie ist total überfüllt. Menschenmassen posieren hier vor den Fliesen, nehmen Fotos aus spannenden Blickwinkeln auf oder machen Selfies. Irgendwie kämpfen wir uns durch dieses Gewühl die Treppe hinauf. Natürlich überträgt sich der Fotografie-Virus auch auf uns.


    Da es ziemlich heiß ist, begeben wir uns danach erst mal in eine sehr landestypische, kleine Kneipe mit einem netten Kellner und trinken ein „Antarctica“, das ist ein brasilianisches Bier. Wir bestellen ein „Uber“-Taxi, das, nachdem sich der Fahrer ewig verfährt, endlich ankommt und uns zum „Corcovado“ bringt, dem Berg auf dem sich die Christus-Statue, der „Christo Redentor“= Christus, der Erlöser befindet. Die Fahrt geht recht lange, sie ist jedoch kurzweilig, da sie durch eine idyllische Landschaft mit üppiger Vegetation geht. Es ist hier sehr ländlich und man hat nicht den Eindruck, dass man sich in der Millionenstadt Rio befindet. Im unteren Teil fährt übrigens sogar noch eine nostalgische Straßenbahn, die jedoch irgendwann mitten auf der Strecke endet. Wir kaufen uns Eintrittskarten, bekommen jedoch nicht den Seniorentarif, obwohl der laut Anschlag auch Ausländern gewährt werden müsste, zumindest verstehen wir das Gedruckte so. Aber vielleicht sehen wir auch einfach zu jung aus. Das wär doch mal eine nette Erklärung. - Nach dem Informationszentrum steigen wir in einen kleinen Bus um, der uns auf einer kurvenreichen, urwaldähnlichen Strecke durch ein Naturschutzgebiet zu unserem Ziel bringt.


    Nun steht er vor uns, Christus, der seine Arme schützend über der Stadt ausbreitet und den wir von Dutzenden von Fotos bereits kennen. Und wir stehen jetzt tatsächlich direkt vor dieser Statue. Schade ist nur, dass wir nicht die einzigen sind, sondern Hunderte von Menschen denselben Wunsch hatten. Und so schlängeln wir uns an am Boden liegenden Menschen vorbei, die von dort aus die beste Perspektive suchen, um ihre Lieben, möglichst in derselben Pose wie Jesus mit seinen ausgestreckten Armen - manchmal sind es gar ganze Familien, die so hintereinander stehen - aufzunehmen. Dabei muss man höllisch aufpassen, dass man nicht irgendjemandem auf die Finger tritt oder über ein am Boden krabbelndes Kind fällt. Trotzdem gelingt es uns nach einer Weile an verschiedene Aussichtspunkte zu gelangen. Was für ein gigantischer Ausblick! Die Stadt liegt jetzt nicht nur dem Erlöser, sondern auch uns zu Füßen. Wir gehen um die Statue herum und entdecken immer wieder neue Panoramen. Natürlich können wir es uns auch nicht verkneifen, ein Selfie mit Christus im Hintergrund zu machen, wenngleich das bei uns etwas weniger dramatisch von statten geht...


    Die Eindrücke dieses Tages sind so gewaltig, dass wir beschließen, weitere Unternehmungen auf den nächsten Tag zu verschieben. Am Abend gehen wir in eines der zahlreichen Restaurants an der Copacabana. “Don Camillo“ wird empfohlen. Das Essen schmeckt gut, die Rechnung nicht gerade niedrig, aber der Qualität und Lage angepasst. Der Kellner ist zunächst übellaunig, aber ich locke ihn aus der Reserve mit betonter Freundlichkeit und persönlicher Ansprache und es funktioniert, wie schon oft erprobt. Er ist irgendwann die Aufmerksamkeit in Person und verabschiedet sich von uns sogar mit Handschlag.


    (2.Teil folgt im Anschluss)

    Es gibt so viele verschiedene Kreuzfahrtschiffe, weil es so viele verschiedene Menschen gibt.

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  • Pooldeck 24 - Die Kreuzfahrspezialisten
  • 10. Reisebericht: Rio de Janeiro (2. Teil)


    Unser Hotel ist wunderbar, das Frühstück sehr reichhaltig, nur der Frühstückssaal eine Zumutung. Es herrscht eine Atmosphäre wie in einer lärmenden, überfüllten Mensa. Gut gesättigt und hörgeschädigt nehmen wir unsere nächste Tour in Angriff: den „Zuckerhut“. Auf Portugiesisch heißt er „Pão de Açúcar“, was eigentlich Zuckerbrot bedeutet. Wieder nehmen wir ein „Uber-Taxi“. Zwei Seilbahnen bringen uns hinauf zum Gipfel.

    Wir sind früh dran und darum halten sich die Wartezeiten in Grenzen. Im Gegensatz zum Vortag, der bewölkt war, herrscht heute strahlender Sonnenschein. Wieder liegt uns Rio zu Füßen, dieses Mal mit Blick auf die Christus-Statue und die Copacabana bei wolkenlosem Himmel. Wir gehen um den Gipfel herum spazieren und stoßen auf ein nettes kleines Café mit einer herrlichen Lage. Wir können es uns nicht verkneifen trotz der frühen Uhrzeit uns einen Caipirinha und einen Mojito zu gönnen, was unsere Laune noch mehr hebt. Wir machen ein paar schöne Fotos von unserem Tisch aus, natürlich mit den Getränken und der Copacabana im Hintergrund. Das hat was! Das ist noch mal eine ganz andere Perspektive.


    Nach etwa 2 Stunden treten wir den Rückweg an. Werner nutzt die Google App und so finden wir auf zum Teil abenteuerlichen, und unkonventionellen Wegen - unter anderem durch eine Einkaufs-Mall und ein verkehrsmäßig stark frequentiertes Tunnel - unseren Weg zur Copacabana. Nach diesem Fußmarsch verdienen wir eine Stärkung. Mit einem Bier und einer leckeren Portion fritierter Calamares lassen wir es uns in einem Strandcafé gut gehen. Danach kaufen wir noch einige Souveniers ein und während ich ins Hotelzimmer zurückgehe, um mich auszuruhen, beschließt Werner, sich in die brasilianischen Fluten zu stürzen. Das macht er jedoch nur sehr bedingt, denn die Wellenbrecher haben eine unheimliche Wucht und es ist nicht ganz ungefährlich. Trotzdem kommt er, nachdem er den Fluten glücklich entronnen ist, gut gelaunt zurück ins Hotel. Wir beschließen am Abend noch einmal im Hotel - Restaurant auf der Dachterrasse zu essen. Der Ausblick ist noch einmal traumhaft, das Essen gut, der Service eher katastrophal. Aber das Leben ist eben kein Wunschkonzert.


    Unser letzter Tag, am Abend werden wir heimfliegen. Eigentlich wollen wir den Vormittag am Strand genießen. Wir statten uns darum mit zwei Liegestühlen und Handtüchern aus und lassen uns im feinen, weißen Sand am Strand der Copacabana, vis-a-vis unseres Hotels, nieder. Leider gibt es keine Sonne , vielleicht höchstens hinter der geschlossenen Wolkendecke, die sich über uns ausbreitet. Und dann werden wir auch noch nass, aber nicht von den Wellen des Meeres, nein, das Wasser kommt von oben und zwar recht heftig. Wir kehren zurück ins Hotel und bereiten alles für die Abreise vor. Während Werner in der Hotelhalle wartet, suche ich die kleine Boutique nebenan auf und finde dort tatsächlich ein hübsches T-Shirt mit einem brasilianischen Design und eine passende Tasche dazu. Am Tag zuvor hatte ich bereits einer exotischen Straßenkünstlerin ein Acrylbild mit einem ähnlichen Motiv abgekauft, das die Favelas in bunten Farben darstellt. Das ist politisch sicher nicht korrekt, aber ein bisschen träumen von einer schönen, friedvollen und farbigen Welt kann sicher nichts schaden.

    Um 21.30 Uhr fliegen wir dann ab in Richtung Heimat. Mittlerweile regnet es seit Stunden in Strömen. Eine gute Eingewöhnung für Deutschland.

    Fazit: Dreieinhalb erlebnisreiche Wochen liegen hinter uns voller unterschiedlicher Eindrücke. Wir haben unendlich viel erlebt und alles lief rund.

    Es gibt so viele verschiedene Kreuzfahrtschiffe, weil es so viele verschiedene Menschen gibt.

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  • Griaß Di Werner Karlgold , griaß Di Nora,


    Ihr habt gerade viele Erinnerungen an unseren Rio-Aufenthalt in 2006 geweckt.


    Aber vielleicht sehen wir auch einfach zu jung aus.

    Aussehen ist unwichtig, denken ist wichtiger.


    Machts oafach waida so, ihr zwoa.

    Servus und liebe Grüße aus dem Süden


    Helmut

    So a Urlaub auf See is fei scho schee !

    *MeinSchiff*

    P.S. "Jedes Ding hat drei Seiten. Eine positive, eine negative und eine komische." (Karl Valentin)

  • Karlgold

    Vielen Dank für den toll geschriebenen Bericht. Ihr durftet eine wunderbare und intensive Zeit erleben.


    Vielleicht magst Du den Text noch ein paar Absätze einfügen, so ist es relativ anstrengend, den interessanten Text von Nora zu lesen.


    Wir durften die Tour auch schon einmal reisen und in Rio war ich schon zweimal für jeweils mehrere Tage. So wurden wunderbare Erinnerungen geweckt.

    Ich freue mich so sehr, dass ich im kommenden Jahr erneut nach Südamerika reisen darf und einige auch von Euch besuchte Ziele wiedersehen werde.

  • Karlgold

    Vielen Dank für diesen tollen Bericht, welchen ich, dank :rolleyes: Krankschreibung, in einem Rutsch durchgelesen habe.

    Hört sich nach einer beeindruckenden Reise an:love:.

    Viele Grüße Nicky


    Meine Reiseberichte





  • Karlgold

    Auch ich möchte mich jetzt für diesen wunderschönen Reisebericht bedanken. Toll geschrieben, ich konnte mir vieles vorstellen. Was für ein erlebnisreicher Urlaub :)

    Liebe Grüße

    Anette


    Östliches Mittelmeer mit Zypern



    Norwegen von Kiel nach Hamburg, Aida Nova


    Kanaren mit Kapverden


    Wie schön, dass ich‘s erleben durfte :):


    WMM mit Barcelona, Okt. 20014, MS1
    Norwegen mit Nordkap und Trondheim, Aug. 2016, MS1
    Barbados trifft Mallorca, April 2017, MS5 (mit Reisebericht)

    Ägäis mit Kreta, Juli 2018, MS2

    Adria mit Dubrovnik, Juli 2019, MS6 (mit Reisebericht)

    Reisebericht: Nicht perfekt...und irgendwie doch! Safari in Tansania, Oktober 19

    Blaue Reise 4, MS1, Okt. 2020

    Mittelmeer mit Andalusien III, MS3, Okt. 2021 (mit Reisebericht)

    Norwegen mit Ålesund, MS1, April 2022 (mit Reisebericht)

    Kurzreise, Kopenhagen mit Göteborg, MS4, Mai 2022

    Adria mit Korfu, MS5, Juli 2022

    Metropolen ab Hamburg, Aidasol, Oktober 2022

    Winterwunder in Schwedisch-Lappland, 27.12.22-2.1.23, Kurzbericht

    Transatlantik, MS1, April 2023, von der Karibik nach Gran Canaria

    Metropolentour, Aida Nova, Dezember 2023

  • Lieber Werner, liebe Nora Karlgold,


    vielen Dank für diesen schönen Bericht. Es ist sehr schön, wieder etwas von Dir in diesem Forum zu lesen,

    und dann auch noch gleich etwas so Interessantes. Wahrscheinlich werde ich so eine Tour rund um Südamerika

    eher nicht machen, um so besser, so schön davon zu lesen.

    Alles Gute weiterhin und noch viele Cruises wünscht


    Johann-Christian

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